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UNESCO UNESCO: Welterbe oder Brücke?

Von Monika Zimmermann 18.01.2006, 17:27

Dresden/MZ. - Am Freitag fliegt Dresdens Oberbürgermeister Ingolf Ingolf Roßberg (FDP) nach Paris. Dort trifft er Francesco Bandarin, den spanischen Direktor des Welterbezentrums der Unesco. Es gibt nur ein Thema, das beide gleichermaßen beschäftigt: Darf in Dresden eine neue Brücke über die Elbe gebaut werden, obwohl die städtische Elbelandschaft zum Weltkulturerbe gehört? Die Unesco sagt Nein zum Bau der so genannten Waldschlösschenbrücke. Die Bürger von Dresden haben sich mehrheitlich dafür entschieden. Roßberg und Bandarin wollen in Paris nun erkunden, wie ernst es der jeweils andere Seite ist.

Die Aberkennung des Welterbestatus wäre für Dresden, das vom weltweiten Tourismus lebt, nur schwer zu verkraften. Andererseits wird die Tatsache, dass eine dritte Elbüberquerung gebraucht wird, allenfalls von militanten Landschaftsschützern bestritten.

Die Kritiker haben in letzter Minute starke Schützenhilfe bekommen: Der aus Dresden stammende Nobelpreisträger Günther Blobel, der den größten Teil seines Preisgeldes in den Wiederaufbau der Frauenkirche steckte, hat an der Spitze einer siebenköpfigen Bürgergruppe direkt in Paris bei der Unesco interveniert. Dadurch wurden dort schlafende Hunde geweckt. Plötzlich steht das Bauvorhaben, an dem seit über hundert Jahren geplant wird, wieder auf der Kippe. Dabei hatte die "Sächsische Zeitung" am 30. November 2000 verkündet: "Elbbrücke: Endlich wird gebaut".

Die Ausgangslage des Streits zwischen Dresden und der Unesco ist klar: Im Antrag, den die Stadt bei der Unesco auf Aufnahme der Elbauen in das Weltkulturerbe stellte, wurde die Brückenplanung keineswegs verschwiegen. Das Vorhaben war Teil des Antrags - und dennoch wurde diesem von der Unesco stattgegeben. Am 2. Juli 2004 wurde Dresden der Status verliehen, Weltkulturerbe zu sein.

Bei der Unesco verweist man nun auf nachträglich erkannte "Fehler" im englischsprachigen Antrag. Statt "down the river" habe es "up the river" geheißen. Eine Ungenauigkeit, die Dresdens Baubürgermeister Herbert Feßenmayr nicht bestreitet, sie aber für eine an den Haaren herbeigezogene Kleinigkeit hält. Er setzt auf eine Einigung, denn: "Brücke oder Weltkulturerbe?" diese Alternative müsse man auf Teufel komm raus vermeiden.

So stellt sich der Bürgermeister schon mal auf Veränderungen ein. Und die Unesco lobt im Vorfeld des Spitzengesprächs in Paris das konstruktive Klima, mit dem Dresden auf Unesco-Einwände reagiere. Damit unterscheide sich die Elbestadt wohltuend von der Domstadt Köln, wo die Unesco-Kritik an der Hochhausplanung unversöhnlich begegnet worden sei, meint der Sprecher der Unesco in Deutschland (siehe "812 Denkmäler").

Geeinigt hat man sich bereits darauf, ein weiteres Gutachten in Auftrag zu geben, obwohl bereits elf Millionen Euro für Wettbewerbe und Workshops ausgegeben wurden. In dem neuen Gutachten sollen Lage und Aussehen der geplanten Brücke noch anschaulicher dargestellt werden. Ende Februar wird man wissen, was zu tun ist, um eines zu verhindern: Dass das Unesco-Welterbekomitee auf seiner Sitzung im Juli entscheidet, Dresden wegen des Brückenbaus den Welterbestatus abzuerkennen.

Eines hat die Stadtverwaltung schon jetzt verstanden: "Es ist atmosphärisch besser, vorerst nicht mit den Bauarbeiten zu beginnen", sagt Feßenmayr. Und er sagt auch, was auf keinen Fall passieren darf: Dass der Stadt wegen zu langer Verzögerung die zugesagte 90-prozentige Förderung durch Bund und Land verloren gehe. Das wäre wirklich das Ende des Traums von der 150 Millionen Euro teuren Brücke.

So ahnt man in Dresden längst, wo der eigentliche Fehler lag: Den Antrag auf Weltkulturerbe gestellt zu haben, ohne mit dem Brückenbau begonnen zu haben. Umgekehrt hätte man sich viel Ärger erspart.