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Tatort-Nachkritik Tatort-Nachkritik: "Zahltag" zeigt vielschichtige Charaktere und spannenden Fall

Von Anne Burgmer 09.10.2016, 20:32
Der Schauspieler Jörg Hartmann als Kommissar Faber in einer Pause bei Dreharbeiten für die  Tatort-Folge "Zahltag" am Set.
Der Schauspieler Jörg Hartmann als Kommissar Faber in einer Pause bei Dreharbeiten für die  Tatort-Folge "Zahltag" am Set. dpa

Der Fall

Motorradfahrer Ralf Nowak wurde in Dortmund von einem Geländewagen mit hoher Geschwindigkeit angefahren. Die beiden Täter hatten es auf den Rucksack ihres Opfers abgesehen. Doch dieser wehrte sich, es kam zur Schießerei. Am Ende gab es zwei Tote, eine Frau war schwerverletzt, der Rucksack war weg. Für die vier Ermittler sah alles nach einem Konflikt in der kriminellen Rocker-Szene aus, denn "Miners"-Präsident Thomas Vollmer (Jürgen Maurer) war am selben Tag aus der U-Haft entlassen worden. Der Tote war ein enger Freund von ihm.

Die Auflösung

„Der König ist tot, es lebe der König“, so fasste es Faber (Jörg Hartmann) treffend zusammen. In Vollmers Zeit im Knast hatte sein Stellvertreter Luan Berisha (Oliver Masucci) die „Miners“ geleitet und lukrative Geschäfte mit der italienischen Mafia gemacht. Die wollte er gegen Vollmers Willen weiterführen – und den alten Chef gleich noch entthronen. Deshalb versuchte er, ihm die Morde an den Männer, die Nowak getötet hatten, in die Schuhe zu schieben.

Die Ermittler

In Dortmund ist die Stimmung in jeder Hinsicht auf dem Tiefpunkt angekommen. Der Kampf gegen das organisierte Verbrechen ist anscheinend nicht zu gewinnen und ein interner Ermittler (Milan Peschel) sorgte zusätzlich für Unruhe. Er befragte das Team, weil Daniel Kossik (Stefan Konarske) ein Disziplinarverfahren gegen Faber (Jörg Hartmann) ins Laufen gebracht hatte.

Die „Tatort“-Reihe zeichnet sich ja meist dadurch aus, dass die Fälle in sich abgeschlossen sind, Bezüge zu vergangenen Filmen sind eher selten. Bei „Zahltag“ ist das anders. Wer die Folge „Kollaps“ vor ungefähr einem Jahr verpasst hat, wird Probleme gehabt haben, von Anfang an zu verstehen, was Kossik Faber vorwirft. Damals paktierte der Kommissar – wie es so seine Art ist – mit Kriminellen, am Ende starb ein Flüchtling. Nun stand die Frage im Raum, ob Faber für dessen Tod verantwortlich ist.

Seine eigenen Zweifel ließ er aber nur im Gespräch mit Martina Bönisch (Anna Schudt) zu, gegenüber Kossik verhielt er sich mal wieder wie ein Arschloch. Statt Bönischs Rat zu folgen und in Ruhe mit dem Kollegen zu reden, füllte er Kossik – der ohnehin ein Alkoholproblem hat - am Vorabend seiner Aussage vor dem internen Ermittler systematisch ab, um ihn in ein schlechtes Licht zu rücken. Was auch gelang, das wiederum sorgte dann aber für ein Zerwürfnis mit Boenisch.

Und auch Nora Dalay (Aylin Tezel) verbreitete nicht gerade die allerbeste Stimmung. Sie verzweifelte daran, dass die Mafia einfach eine neue Scheinfirma gründete, als die eine aufgeflogen war. Die Arbeit der Kommissare scheint umsonst zu sein.

Fazit

Rocker, die ihre eigenen Gesetze haben, die Mafia, die ungehindert ihr schmutziges Geld waschen kann, dazwischen Polizisten, die daran verzweifeln, dass ihre Arbeit oft zu keiner Gerechtigkeit führt, und als Team auseinanderzubrechen drohen. Drehbuchautor Jürgen Werner meinte es nicht gut mit den Ermittlern aus Dortmund. Mit dem Zuschauer allerdings schon.

Denn während die persönlichen Befindlichkeiten der Ermittler in vielen anderen „Tatorten“ eher nerven, war es hier wirklich spannend, dieses Beziehungsgeflecht zu betrachten. Weil die Charaktere vielschichtig sind, weil hinter jeder von Fabers zum Teil unerträglichen Aktionen immer auch durchscheint, dass dieses „Mir ist alles egal“-Arschloch-Gehabe auch nur Fassade und Schutz ist.

Und weil in „Zahltag“ (Regie: Thomas Jauch) der Fall auf perfekte Art und Weise die Konflikte im Team spiegelt. So wie Rockerboss Vollmer versuchte, seine Truppe zusammenzuhalten, und doch erkennen musste, dass er den Kampf nicht gewinnen konnte, so ging es auch Faber. Sein Team und damit auch seine Welt – die einzige, die er hat – zerbricht. Ein starker Fall aus Dortmund.