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TV-Tipp „Polizeiruf 110“: Lüge und Wahrheit einer Nacht

Oft ist es schöner, einer Lüge zu glauben, als die Wahrheit zu ergründen - so wie im neuen „Polizeiruf 110“ aus München. Johanna Wokalek und Stephan Zinner ermitteln im Fall einer verbrannten Frau.

Von Cordula Dieckmann, dpa 24.05.2024, 14:32
Kriminalhauptkommissare Cris Blohm (Johanna Wokalek) kommt nochmal an den Ort des Brandes.
Kriminalhauptkommissare Cris Blohm (Johanna Wokalek) kommt nochmal an den Ort des Brandes. Alexander Fischerkösen/Sappralot Productions GmbH(BR/dpa

München - Das frühere Büro einer großen Autovermietung brennt aus. War die Ursache ein technischer Defekt? Oder doch Brandstiftung, wie die Kriminalhauptkommissare Cris Blohm und Dennis Eden vermuten? Und woher kam die Frau, die in den Flammen starb? Die Mordermittler stehen vor einem Rätsel.

„Funkensommer“ nennt sich die neue Folge der ARD-Krimireihe „Polizeiruf 110“ aus München, in der Johanna Wokalek und Stephan Zinner zum zweiten Mal gemeinsam ermitteln. Zu sehen ist sie am Sonntag (26.5.) um 20.15 Uhr im Ersten.

Alexander Adolph hat eine atmosphärisch dichte Geschichte inszeniert, in der es um ein geschickt arrangiertes Verwirrspiel geht. Denn Wahrheit und Lüge sind schwer zu erkennen. Auf den ersten Blick wirkt alles so einfach: Die schwerreiche Unternehmerfamilie Hechtle wollte das alte Gebäude loswerden. Ein warmer Abriss, so die Vermutung von Blohm und Eden, die auch der Brandermittler Hanno Senoner (Golo Euler) bestätigt. Und auch ein Verdächtiger ist schnell gefunden - Sandro Hechtle (Frederic Linkemann), verwöhnter und jähzorniger Sohn des senilen Autoverleih-Chefs. Und auch der Wachmann Busch (Gerhard Wittmann) könnte in die Sache verwickelt sein.

„Strategisch eingesetzt, bringt Feuer dem, der ein Gebäude anzündet oder anzünden lässt, größte finanzielle Vorteile“, sagt Regisseur Adolph. „Manche Brandermittler behaupten, diese Praxis sei einer der Gründe, warum München leuchtet.“ Bildgestalter Alexander Fischerkoesen fängt dieses Leuchten stimmig ein: Rot-orange Flammen, poetisch glühende Funken im schwarzen Nachthimmel oder ein romantisches Feuerwerk, dazu die intensive Atmosphäre der Dämmerung und einer lauen Sommernacht, als krasser Gegensatz zum schrecklichen Tod der unbekannten, verkohlten Frau.

Gegensätzliche Polizisten

Es ist auch genau deren Schicksal, das Blohm und Eden nicht loslässt. Wokalek zeichnet ihre Figur als ruhige, besonnene Ermittlerin, die einen ausgeprägten Hang zum Grübeln hat und sich hartnäckig in ihre Fälle verbeißen kann. Gleichzeitig wirkt sie geheimnisvoll, vor allem wenn sie in die Welt ihrer Vorstellungskraft abtaucht. Zinners Eden dagegen ist forsch und direkt und eckt mit seiner polternden Art oft an. Doch genau mit dieser Mischung aus Frechheit und Ehrlichkeit hat er manchmal auch Erfolg.

In ihrem zweiten Fall kommen die ziemlich gegensätzlichen Polizisten schon besser miteinander klar - bis der smarte Brandermittler Hanno auftaucht. Dennis passt das gar nicht, kann er den gut aussehenden Kollegen doch überhaupt nicht leiden. Dass sich Hanno ausgerechnet an Cris heranmacht, macht die Sache in Dennis' Augen nicht besser.

Mit ruhiger Hand führt Adolph durch diese Irrungen und Wirrungen, die diesem Krimi trotz allen Grauens eine gewisse Leichtigkeit verleihen. „'Funkensommer' erzählt von den mannigfaltigen Interpretationen dessen, was man Wahrheit nennt“, beschreibt es der Regisseur. „Davon, dass Menschen gelegentlich ein bisschen lügen. Weil sie gern jemand anderer wären. Weil sie etwas zu verbergen haben. Oder weil sie eine kleine Wahrheit einer größeren Wahrheit opfern.“