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Kommentar zu Netflix-Werbeplakaten Netflix: Ärger um Werbeplakate - Am Ende haben alle etwas davon

Von Christian Bos 20.02.2017, 16:59
Das riesige Plakat mit einem Finger als Currywurst hängt am Potsdamer Platz - aber nicht mehr lange. Denn die Werbung für die neue Netflix-Serie "Santa Clarita Diet" kommt nicht bei jedem gut an.
Das riesige Plakat mit einem Finger als Currywurst hängt am Potsdamer Platz - aber nicht mehr lange. Denn die Werbung für die neue Netflix-Serie "Santa Clarita Diet" kommt nicht bei jedem gut an. Berliner Zeitung

Köln - Der Zombie als Sinnbild für unsere geistlos konsumierende Gesellschaft ist das, was man eine tote Metapher nennt. Oder eine untote. Künstlerisch, möchte man meinen, ist bei den „Walking Dead“ fürs Erste nicht mehr viel zu holen. Die neue Netflix-Serie „Santa Clarita Diet“ macht sich da wenigstens noch die Mühe, das Klischee auf den Kopf zu stellen. In ihr verwandelt sich Drew Barrymore als immobilienmakelnde Vorstadtpflanze in einen kannibalistischen Zombie – und fühlt sich so lebendig wie nie zuvor. Netflix bewirbt seine drastische Komödie derzeit in deutschen Städten mit schwarzhumorigen Plakaten. Auf denen finden sich menschliche Glieder und Organe, ein Herz, ein Finger, zu Fast Food gephotoshopt.

Das stieß einigen Bürgern übel auf, sie beschwerten sich beim Deutschen Werberat. Der ermahnte Netflix, woraufhin der Streamingdienst prompt klein beigab und zusicherte, die Plakate wieder abzuhängen. So haben alle etwas davon: Der Bürger seine gerechte Empörung und Gelegenheit zur Erziehung, der Werberat seine Existenzberechtigung – und Netflix eine mediale Aufmerksamkeit, die es mit den Plakaten allein niemals erreicht hätte. Denn die sind doch eigentlich eher harmlos als tabubrechend, auf dem ersten Blick als derber – aber wenigstens niemanden diskriminierender! – Scherz zu erkennen.

Nebenbei: Kurz nach dem Mauerfall nutzte Christoph Schlingensief das Horrorgenre, um die Wende im „Deutschen Kettensägenmassaker“ als Schlachtfest zu beschreiben, der Werbeslogan zum Film lautete damals: „Sie kamen als Freunde und wurden zu Wurst.“