"Maischberger" "Maischberger": Islam Kopftuch und unterdrückte Frauen - Zuschauern diskutieren in geglücktem Experiment

„Angst vor dem Islam: Alles nur Populismus?“ Um diese Frage zu beantworten, versuchte sich Sandra Maischberger in ihrer Talkshow am späten Mittwochabend an einem Experiment: Das Volk, lateinisch Pop, sollte selbst antworten, ob es tatsächlich Angst vor dem Islam hat. Zuschauer von Niederbayern bis Hamburg wurden in die Talkrunde geladen. Statt Stuhlkreis mit Politikern diskutierten Besorgte, kopftuchtragende Frauen, Imame, aber auch Politiker und Experten in großer Runde – und das, man mag es kaum glauben, funktionierte erstaunlich gut.
Der Bau von Moscheen und Minaretten
Da sind zum einen die altbekannten Sorgen: Etwa von einem Herrn aus dem Allgäu, der behauptet, Muslime würden Kreuze im Allgäu zerstören, oder einem Thüringer, der sich gegen den Moscheebau in Erfurt-Marbach einsetzt und sich von der Lokalpolitik belogen fühlt: „Man wird sofort in eine rechte Ecke gestellt.“
Der 22-jährige Ali Can antwortet: „Wir müssen es in einer Demokratie aushalten, wenn jemand gegen den Bau von Minaretten ist.“ Eine seit 1966 in Deutschland lebende Griechin hingegen plädiert dafür, dass sich die friedliebenden Muslime mehr in der Öffentlichkeit zeigen. „Sie sollten zu Millionen auf die Straße gehen“, um ein Zeichen gegen den Extremismus zu setzen. Ein anderer erwidert, man würde mit Minaretten doch gerade in die Öffentlichkeit treten und aus den Gebetsräumen der Hinterzimmer verschwinden.
Kopftuch und Vollverschleierung
Ein ähnliches Für und Wider zeigte sich bei der Frage, ob die Vollverschleierung im öffentlichen Raum verboten werden soll. Ein Berlin-Kreuzberger hält ein Verbot für falsch, weil man die unterdrückten Frauen kriminalisiere, nicht aber die Männer, die von ihren Frauen die Vollverschleierung verlangen. Vielmehr solle man mehr Anlaufstellen für unterdrückte Frauen schaffen. Der Imam Sheikh Husamuddin Meyer kontert sofort, man stelle Männer mit vollverschleierten Frauen unter einen Generalverdacht. Viele Frauen würden die Vollverschleierung aber aus eigener Überzeugung tragen.
Das Thema werde gegen den Islam instrumentalisiert, betreffe aber nur eine ganz kleine Gruppe, sagen einige. Die Islamexpertin Prof. Susanne Schröter hält dagegen: „Das hätte ich früher auch gesagt. Es werden aber mehr.“ Die Vollverschleierung sei ein politisches Instrument. Nur selten werde aus eigenem Wunsch getragen.
Mit Kopftuch schlechte Berufschancen
Auch beim Kopftuch werden die verschiedenen Meinungen sichtbar. Eine türkischstämmige BWL-Absolventin bemängelt etwa, mit Kopftuch habe sie viel schwieriger Chancen, einen Job zu bekommen. Eine christlich-religiöse Unternehmerin, die einen Flüchtling bei sich zuhause aufgenommen hat, kann Unternehmer verstehen, die sagen, ein Kopftuch passe nicht in ihr Kollegium.
Eingestreut in die Meinungen der Zuschauer wurden Wortbeiträge von Aydan Özoguz (SPD), Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, und Andreas Scheuer (CSU), die passend die Parteilinien zu den Fragen direkt darstellten.
Zugegeben: Nicht jeder Beitrag war besonders originell, nicht jedes Argument bei näherem Hinsehen haltbar. Auch hätte es schon mit Blick auf die Sendezeit vermutlich ausgereicht, wäre nur über einen Teilaspekt dieser riesigen Debatte diskutiert worden. Spannend war es dennoch, wie die Menschen aus ihren eigenen Erfahrungen heraus argumentiert haben. Aus ihren Realitäten und Sichtweisen entstand ein authentisches und kurzweiliges Mosaik darüber, wie unterschiedlich in Deutschland heute über den Islam diskutiert wird. Experiment geglückt.