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Tatort-Kritik zu "Anne und der Tod"  Kritik zu "Tatort: Anne und der Tod" : Die Schrecken des würdelosen Dahinsiechens

19.05.2019, 19:47
Altenpflegerin Anne Werner (Katharina Marie Schubert) hat jede Menge Probleme: Ihr pubertierender Sohn ist nur eins.
Altenpflegerin Anne Werner (Katharina Marie Schubert) hat jede Menge Probleme: Ihr pubertierender Sohn ist nur eins. SWR-Presse/Bildkommunikation

Der Fall

Thorsten Lannert (Richy Müller) und Sebastian Bootz (Felix Klare) werden zu zwei ähnlichen Fällen gerufen. Bettlägerige, alte Männer sind gestorben, eine Fremdeinwirkung kann nicht ausgeschlossen werden. Eine Verbindung zwischen ihnen stellt die Altenpflegerin Anne Werner (Katharina Marie Schubert) dar, die Paul Fuchs und Christian Hinderer im Auftrag eines mobilen Pflegedienst täglich zuhause versorgte.

„Tatorte“ gibt es viele: klassisch, experimentell, spannend oder doch eher langweilig? In unserer Vorschau erfahren Sie immer bereits ab Samstag, wie der kommende „Tatort“ werden wird.

Direkt im Anschluss an jede Sendung am Sonntagabend folgt dann unsere „Tatort“-Kritik.

Die Pflegerin ist fortan verdächtig, die beiden ermordet zu haben. Nur ein Motiv lässt sich nach stundenlangen Verhören nicht erkennen. Alle Zeugen beschreiben Werner als zuverlässig und kompetent. Ging es ihr um Geld? Offenbar hatte die alleinerziehende Mutter hohe Kreditkartenschulden, die kürzlich beglichen wurden.

Die Auflösung

Die Auflösung ist wenig überraschend. Die Ermittler haben sich von Anfang an auf Werner eingeschossen und sie mit ewigen Befragungen mürbe gemacht. Am Ende gibt sie zu: Ja, ich habe Paul Fuchs und Christian Hinderer umgebracht, aber nur aus Mitleid. Die Bilder zeigen allerdings: Werner hat die Männer aus Scham umgebracht, weil sie ihre Patienten nicht nur gewaschen und rasiert hat, sondern sich auch für sie ausgezogen hat.

Beste schauspielerische Leistung

Katharina Marie Schubert gelingt im Laufe des Films eine authentisch sichtbare Verwandlung der Verdächtigen Anne Werner. Sie ist zunächst freundlich und hilfsbereit, glaubt, den Verhörraum schnell wieder verlassen zu können. Doch sie wird mit jeder Minute ängstlicher, nervöser und panischer. Unterschwellig bröckelt die Fassade – in Rückblenden sieht der Zuschauer, wie sie ihrem Sohn eine Ohrfeige gibt oder gegenüber ihrer Patienten ausfallend wird – und es macht Spaß, dabei zuzusehen.

Fazit

Wieder ein Tatort, der sich mit dem Thema Pflegenotstand beschäftigt. Das Setting passt einfach zu gut: prekäre Arbeitsbedingungen, einsame Alte, unauffällige Möglichkeiten zum Töten. In diesem Fall suggerieren alle Protagonisten: So ein Mord ist doch auch gar nicht so schlimm, die alten Herren wären ja eh bald gestorben.

Auch die Ermittler Lannert und Bootz werden sich bei den Zeugenverhören ihrer eigenen Sterblichkeit und dem Schrecken des würdelosen Dahinsiechens bewusst. „Anne und der Tod“ zeigt keine spannenden Ermittlungen, aber eine Seite des Älterwerdens, die den Zuschauer schaudern lässt.