Jeff Koons - Alles ist schön

Straßburg - Jeff Koons spricht auffallend leise. Fast flüstert er. Vom Pomp und Glanz seiner Kunstwerke scheint der Schaffer selbst wenig zu haben. Dabei weiß er sich zu verkaufen, gewissermaßen begann seine Künstlerkarriere mit Porträts seiner selbst.
Nackt. Beim Sex. Mit einer Pornodarstellerin. Mal gemalt, mal in Marmor gemeißelt. Vielleicht hat er es heute - mehr als 30 Jahre später - nicht mehr so nötig. Jeff Koons (61) gilt als teuerster lebender Künstler. Am Sonntag (17.35 Uhr) zeigt Arte noch einmal die Dokumentation „Jeff Koons - Alles ist schön”, die in nicht mal einer Stunde dem Mann und seinem Erfolgsrezept nachspürt.
Von Koons dürften viele die bunt-metallischen XXL-Skulpturen kennen, die aussehen wie die Gebilde von Luftballonkünstler, verknotet zu Hunden oder Affen. Oder die Porzellan-Figur von Michael Jackson im goldenen Anzug mit einem Affen auf dem Schoß. „Kitschig, groß, bunt, umstritten”, fasst es die Filmemacherin Grit Lederer treffend zusammen.
Doch los ging es mit der Reihe „Made in heaven”: Bilder und Skulpturen, die Koons und Elena Anna Staller alias Cicciolina ziemlich unzweideutig und selbstherrlich in zig denkbaren Sexposen zeigen. „Metergroße Schinken aus Kitsch und Sex”, kommentiert die Stimme aus dem Off. Weil einige Darstellungen so explizit alles zeigen, hat Arte die Bilder aus Jugendschutzgründen weichgezeichnet.
Koons hat sich selbst inszeniert, um berühmt zu werden. Das wird deutlich. Und das hat er auch geschafft: 2013 versteigerte das Auktionshaus Christie's einen „Balloon Dog” für gut 58 Millionen US-Dollar. Brett Gorvy, Leiter der Abteilung zeitgenössische Kunst bei Christie's, beschreibt Koons in der Doku als „sehr positiven Menschen”. Die Sexualität sei sein „dunkles Element”.
Es folgten Werke, die an kitschige Kindheitsträume erinnern. Überdimensionale Kente-Berge, Comic-Figuren wie Hulk und Schwimmtiere - doch nichts ist bei Koons, wie es scheint: Was nach Plastik aussieht, sind Konstruktionen aus Edelstahl. Seine Malereien lässt Koons im Atelier von rund 130 festangestellten Künstlern anfertigen. Knapp zwei Jahre dauere es manchmal, ein Bild abzumalen, verrät der Film. Unzählige Ausdrucke dienen als Vorlage für die bunten Werke.
Und die Arbeit kommt bei Experten an: „Das, was meist als niedere Alltagskunst bewertet wird, hebt er auf ein höheres Niveau”, sagt Gorvy. Die Doku lässt aber unter anderem auch Besucher einer Vernissage zu Wort kommen, die deutlich machen, wie zwiespältig das Werk des Amerikaners gesehen wird. Die Äußerungen reichen von: „Es ist peinlich zu sagen, dass man Jeff Koons mag” bis zu „Warhol von heute”. Koons Kunst - Geniestreich oder überflüssiger Kitsch?
Angefangen hat Koons als Verkäufer von Anlagefonds, nach dem Kunststudium arbeitete er sechs Jahre als Börsenmakler. „Irgendwann konnte ich nur noch an meine Kunst denken”, sagt er. Er hing den Job an den Nagel und gab alles für die eigentliche Leidenschaft. „Ich wollte es einfach schaffen.” Gorvy sagt: „Jeff Koons ist ein fantastischer Prediger seiner eigenen Kunst. Er versteht sich auf Verführung.” Wie er das macht, auch das zeigt die Dokumentation. Wenn er will, kann er sich noch heute präsentieren, selbstdarstellen.
Aber er hat es eben nicht mehr unbedingt nötig. Der Film zeigt auch die andere, die persönliche Seite von Koons: Heute kümmert sich der sechsfache Vater um die Familie, verbringt die Wochenenden am liebsten auf einer Farm. Vielleicht spricht er deshalb fernab von öffentlichen Podesten und Mikrofonen so unspektakulär, so leise. (dpa)