"Hart aber fair" zur Merkel-Nachfolge "Hart aber fair"mit Frank Plasberg zu Angela Merkel: Der vergessene Friedrich Merz oder der gescheiterte Christian Wulff als Nachfolger?

CDU und SPD stürzen bei den Landtagswahlen in Hessen gewaltig ab, Angela Merkel will nicht mehr Parteichefin sein und kündigt ihren Rückzug aus der Politik an, auch bei den Sozialdemokraten kursieren Rücktrittsforderungen: Deutschland erlebt in diesen Tagen ein beispielloses politisches Erdbeben, das bisher mehr Fragen aufwirft, als es Antworten gibt:
Wie geht es nun weiter – mit der Großen Koalition, mit der Kanzlerin? Bleibt sie überhaupt bis zum Ende der Legislaturperiode 2021 im Amt oder kommt es schon vorher zu Neuwahlen? Wer wird Merkels Nachfolger oder Nachfolgerin? Die Lage in der politischen Republik ist so ungewiss wie nie.
Diskussion um Merkel überschattet Absturz der Volksparteien
Es ist also keine allzu große Überraschung, dass die Ergebnisse und Ereignisse in Wiesbaden und Berlin am Montagabend auch den Rahmen diktieren für die erste „Hart aber fair“-Sendung nach drei Wochen Pause in der ARD. Eigentlich wollte Moderator Frank Plasberg mit seinen Gästen über den Abstieg der Volksparteien diskutieren. Nachdem Angela Merkel am Montag jedoch mitgeteilt hat, im Dezember auf den Parteivorsitz zu verzichten und nach dieser Amtszeit als Kanzlerin ihre politische Karriere zu beenden, wurde die Frage kurzerhand zugespitzt auf die Personalfrage in der Union — und in der Bundesregierung.
Mit dem Thema „Merkels Teilrückzug: Was gerät jetzt noch ins Rutschen?“ war Plasberg natürlich nicht wirklich weit weg von seiner ursprünglichen Planung. Das Leiden der Volksparteien, die krachenden Wahlniederlagen in Hessen und Bayern haben die aktuelle Debatte und ihre drastischen Folgen schließlich erst ausgelöst.
Die Gäste waren:
Es geht also in der Diskussionsrunde vor allem um die Nachfolge von Angela Merkel. Besser gesagt: Es soll darum gehen. Denn es dauert eine ganze Weile, bis sich die Runde zu der entscheidenden Personalfrage durchmanövriert hat – vorbei an Horst Seehofer, der immer gleichen und ins Leere laufenden Diskussion um die Flüchtlingssituation im Sommer 2015 und sicheren Herkunftsstaaten in Nordafrika.
Friedrich Merz kommt gut als möglicher Kanzlerkandidat an
Irgendwann sind sie dann tatsächlich dort ankommen: Nun, wer soll es denn übernehmen, das Amt an der CDU-Spitze in der Nach-Merkel-Zeitrechnung? Vielleicht Annegret Kramp-Karrenbauer, die Vertraute der Kanzlerin? Der konservative Senkrechtstarter Jens Spahn? Oder doch der laut Plasberg „mysteriöse“ Friedrich Merz, der plötzlich wieder aus der politischen Versenkung aufzutauchen scheint?
Bei Merz, der zu Beginn der Merkel-Ära bereits zwei Jahre lang CDU-Fraktionsvorsitzender war und sich 2009 aus der Politik zurückgezogen hatte, geht Plasberg auf Nummer sicher und fragt bei der Grünen-Chefin Annalena Baerbock (Jahrgang 1980) nach, ob sie den Namen am Montagmorgen erstmal googeln musste. Das nicht, beteuert sie – „aber das hat mich schon überrascht“.
Plasberg versucht das Gespräch immer wieder auf den wohl schillerndsten Namen im Kandidatenkreis zu lenken und die Idee einer merzschen Reaktivierung stößt bei seinen Gästen durchaus auf Zuspruch. Nicht schwer zu überzeugen ist Paul Ziemiak. Das gilt beim Chef der Jungen Union allerdings für alle Namen, die gerade ihre Kreise ziehen. „Wir haben tolle Kandidaten“, sagt der 33-Jährige und legt mit Blick zu seinem Sitznachbarn Ralf Stegner nach: „Die SPD hat Andrea Nahles und Ralf Stegner, da bin ich froh, dass ich in der Union bin.“
Sportreporter Werner Hansch mit den kreativsten Ideen
Der stellvertretende Parteivorsitzende der Sozialdemokraten nimmt den Spruch gelassen hin und würde sich über einen konservativen Politiker an der Spitze der CDU freuen – er hat dabei die inhaltliche Profilierung der Partner in der Großen Koalition und damit vor allem der eigenen Mannschaft im Blick. „Es ist gut, wenn die Volksparteien sich inhaltlich unterscheiden“, sagt Stegner. Angesichts der jüngsten Wahlergebnisse fragt Plasberg zur Sicherheit nochmal nach, welche Volksparteien Stegner denn genau meint.
Die kreativsten (und eigenwilligsten) Vorschläge in Sachen Merkel-Nachfolge kommen von Werner Hansch. Der frühere Sportkommentar mit der markanten Stimme ist in der Runde quasi der Vertreter des Volkes und jongliert einfach mal ins Blaue rein mit ein paar Namen: der gescheiterte Bundespräsident Christian Wulff ist darunter, genauso wie der einstige Umweltminister Norbert Röttgen — und Wolfgang Bosbach, Innenpolitiker aus Nordrhein-Westfalen. „Der wird es nicht mehr machen“, sagt Hansch. „Aber Bosbach würde ich es zutrauen.“ Ziemlich eigenwillig eben.
Stegner: „Die SPD ist der professionelle Teil der Regierung“
Und was ist mit Armin Laschet? Der Ministerpräsident von NRW wird am Montag immer wieder mal genannt, wenn es um den Parteivorsitz geht. Er selbst will in Ruhe darüber nachdenken, ob er im Dezember kandidieren wird. Robin Alexander, Politik-Journalist von der Tageszeitung „Die Welt“ und in letzter Zeit gern gesehener Gast in Talkshows, hält eine Kandidatur von Laschet jedenfalls nicht für ausgeschlossen. „Er hätte nein sagen können, das hat er nicht gemacht.“
Ein bisschen sprechen sie in der Runde auch noch über die SPD, die sitzt ja immerhin mit in der Regierung. Ralf Stegner darf nochmal die Wahldebakel in Hessen und Bayern analysieren und sieht die Fehler vor allem bei den Anderen: Horst Seehofer, dem Diesel oder dem Gesamtzustand der Bundesregierung und findet: „Die SPD ist der professionelle Teil der Regierung“. Nachbar Paul Ziemiak gibt dem Sozialdemokraten kurz vor Ende der Sendung einen Tipp für die bessere Außendarstellung mit: „Sie sind ein Pessimist, reden Sie doch lieber mal über Ihre Erfolge.“