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"Correctiv" überprüft Fake News Facebook und Recherchebüro "Correctiv"arbeiten zusammen gegen Fake News

Von Anne Burgmer 16.01.2017, 18:10
Das Firmenschild der "Reporterfabrik" "Correctiv" hängt an einer Hauswand in Essen (Nordrhein-Westfalen).
Das Firmenschild der "Reporterfabrik" "Correctiv" hängt an einer Hauswand in Essen (Nordrhein-Westfalen). dpa

Köln - In Deutschland stehen in diesem Jahr wichtige Wahlen an. Da geht die Angst um, dass gefälschte Nachrichten, sogenannte Fake News, in sozialen Netzwerken wie Facebook einen ähnlich starken Einfluss auf die Ergebnisse haben könnten wie bei den Präsidentschaftswahlen in den USA 2016.

Nun will Facebook in Deutschland etwas gegen die Verbreitung solcher Nachrichten unternehmen. Partner ist das gemeinnützige Essener Recherchenetzwerk Correctiv. Dieses soll von Nutzern gemeldete Inhalte prüfen und gegebenenfalls als zweifelhaft kenntlich machen. David Schraven, Geschäftsführer des Recherchebüros, beschäftigt sich seit längerem intensiv mit dem Thema. „Fake News sind eine der großen Bedrohungen für unsere Gesellschaft und wir haben es uns zum Ziel gemacht, Dinge anzupacken, die gesellschaftlich relevant sind“, sagte er im Gespräch mit dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. Und weil er den „ganzen Quatsch eindämmen“ will, wandte er sich im Spätherbst an Facebook. Es gab erste Gespräche mit dem Konzern.

Testphase bei Correctiv

Nun kommt es zu einer Zusammenarbeit. In den nächsten zwei Wochen soll es losgehen, die 25 Journalisten des Büros werden dann in einer Testphase Nachrichten überprüfen, die von Nutzern als angebliche Falschmeldungen über einen Button markiert wurden. Wenn eine relevante Anzahl Meldungen vorliegt, wird Correctiv die Nachricht unter die Lupe nehmen. Die Zeit dränge, so Schraven, denn ein entscheidendes Ereignis sei die Landtagswahl im Mai in Nordrhein-Westfalen.

Dauer und Kosten unklar

Wie viel eine solche Überprüfung dauerhaft kostet, wo mögliche inhaltliche und technische Schwierigkeiten liegen – das alles könne man zur Zeit nicht seriös sagen, so Schraven. Daher bekommt Correctiv während dieser Testphase kein Geld von Facebook. „Wir müssen langfristig sehen, welche Finanzierungsformen es gibt. Es wird schwer werden, das Geld unserer Spender dafür auszugeben, Facebook zu heilen“, schreibt Schraven auf der Correctiv-Facebookseite.

Man könne sich als Journalist auf den Hügel setzen und als Prophet Botschaften verkünden oder man gehe dahin, wo man die Menschen erreiche, so Schraven. Es sei wichtig, dass die Gesellschaft ein redaktionelles Verständnis entwickele. Dazu seien viele weitere Ansätze nötig. Einer ist die Gründung einer virtuellen Akademie des Journalismus, die Correctiv nun verkündete. Die inhaltliche Leitung dieser „Reporterfabrik“ soll der Journalist Cordt Schnibben übernehmen. Kostenlose Workshops sollen Grundlagen des journalistischen Handwerks vermitteln und die Arbeit von sozialen und klassischen Medien durchschaubar machen.

Gütesiegel für Qualität

Der Kölner Medienrechtler Rolf Schwartmann sagte dieser Zeitung, gerichtlicher Rechtsschutz setze zu spät an, daher sei es richtig, bei der Kontrolle im System anzusetzen. Die Auslagerung der Prüfung von Verstößen sei nicht unbedingt zu beanstanden. Es komme aber entscheidend auf die Qualität der Prüfung an, die letztlich eine juristische Prüfung und Berücksichtigung ethischer Standards sei. „Das ist das klassische Feld des angesehenen Presserats, als systemimmanenter Kontrollinstanz für die Presse. Das Organ könnte sein Tätigkeitsfeld erweitern“, so der Jurist.

Im Kampf gegen Fake News macht Schwartmann noch einen anderen Vorschlag: „Die klassischen Medien können auch aus eigener Kraft für Transparenz sorgen und Vertrauen in Anspruch nehmen, indem sie ihre Beiträge kennzeichnen.“ Er regt einen Zusammenschluss aus Verlegerverbänden und dem Verband des privaten Rundfunks an, der gemeinsam mit dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk eine Art Gütesiegel verleihen könnte, das auf die Herkunft des Inhalts hinweist. „Man könnte das Label »Classic Media Content« nennen und der Kreis könnte selbst entscheiden und transparent machen, wer das Siegel nutzen darf. Damit würde man andere Inhalte nicht diskreditieren, wohl aber besonderes Vertrauen für sich in Anspruch nehmen und sich diesem Anspruch offen stellen.“