1. MZ.de
  2. >
  3. Deutschland & Welt
  4. >
  5. Politik
  6. >
  7. Fake News: Fake News: Politiker fordern härtere Strafen für Verbreitung Falschmeldungen

Fake News Fake News: Politiker fordern härtere Strafen für Verbreitung Falschmeldungen

Von Melanie Reinsch 13.12.2016, 16:20

Berlin - Es ist simpel: Ein paar Sätze sind schnell geschrieben, dazu ein Bild hochgeladen und dann auf den kleinen blauen Button „posten“ geklickt – schon ist die Nachricht auf der Facebook-Seite veröffentlicht. Sie wird geliked, geteilt und kommentiert. Oft ungefragt, unreflektiert. Tausendfach. So verbreiten sich im Netz nicht erst seit gestern Falschmeldungen. Was damals die „Ente“, nennt sich heute Fake News oder schlichtweg Hoax.

Aus Angst vor Medien-Manipulationen und Stimmungsmache vor der Bundestagswahl fordern nun Unionspolitiker, Falschinformationen strafrechtlich zu ahnden. „Ich halte eine Strafverschärfung für sinnvoll, wenn es hierbei um einen gezielten Kampagnencharakter geht“, sagte der Chef des Bundestagsinnenausschusses, Ansgar Heveling (CDU), der „Rheinischen Post“.

Unionsfraktionschef Volker Kauder erklärte am Dienstag, dass es erhebliche Zweifel daran gebe, dass soziale Netzwerke wie Facebook ihre gesetzlichen Verpflichtungen erfüllten. Kauder forderte Bußgelder. „Die Leute von Facebook müssen uns ein Angebot machen mit wem wir sprechen können, damit innerhalb von kurzer Zeit Falschmeldungen von den Seiten genommen werden“, sagte er.

Der netzpolitische Sprecher der Grünen, Konstantin von Notz, betonte, dass man die Gefahr von intransparenter Meinungsmanipulation keinesfalls unterschätzen dürfe. „Die intensive Beschäftigung mit den hierdurch zu beobachtenden Diskursverschiebungen und der realen Bedrohung für demokratische Willenbildungsprozesse drängt. Sie wäre auch die Aufgabe der Bundesregierung. Dieser Verantwortung wird man bisher nicht gerecht“, sagte der Grünen-Politiker dieser Zeitung.

Der Präsident des Deutschen Anwaltvereins warnt jedoch vor Schnellschüssen. „Die Forderungen nach härteren Strafen und neuen Strafgesetzen für Fake-News ist reflexhaft und wenig durchdacht. In den letzten Wochen und Monaten verging kaum ein Tag, an dem die Politik nicht aus irgendeinem Grund neue Strafgesetze und härtere Strafen gefordert hätte“, sagte Ulrich Schellenberg dieser Zeitung. Das Strafrecht sei kein Allheilmittel. Die Forderungen zeigten die mit „Händen greifbare Hilflosigkeit“. Unsere Rechtsordnung habe schon vielfältige Möglichkeiten gegen Fake News vorzugehen: von zivilrechtlichen Unterlassungsklagen und Geldentschädigungen bis hin zu strafrechtlichen Sanktionen zum Beispiel bei Verleumdung. „Viel wichtiger als ein Katalog an Sanktionen ist die gesellschaftliche Wachsamkeit und die Bereitschaft von uns allen, solchen Fake News aktiv entgegenzutreten“, machte Schellenberg klar.

Ohnehin ist es nicht so leicht, Verfasser von Falschmeldungen zur Verantwortung zu ziehen. Der Medienanwalt Christian Solmecke unterscheidet zwischen allgemeinen Falschnachrichten und Behauptungen über Menschen, so wie im jüngsten Fall mit der Grünen-Politikerin Renate Künast. Mehrere Facebook-Seiten hatten ein Bild mit Künast samt angeblichem Zitat veröffentlicht, wonach sie nach dem Mord einer 19-Jährigen mutmaßlich durch einen Afghanen in Freiburg gesagt haben soll: „Der traumatisierte junge Flüchtling hat zwar getötet, man muss ihm aber jetzt trotzdem helfen.“ Dieses Zitat sei frei erfunden, erklärte Künast und stellte Strafanzeige.

„Strafrechtlich relevant wird es, wenn Menschen bezichtigt werden“, erklärte Solmecke. Kommt man jedoch an den Verfasser nicht heran, wird es schwer. „Dann muss man den Betreiber des Portals kontaktieren, auf dem die Meldung veröffentlicht wurde und diese auffordern, den Beitrag zu löschen oder die Weiterverbreitung zu unterbinden. Facebook tut da viel zu wenig“, sagte Solmecke. Veröffentlicht beispielsweise eine Redaktion eine Falschmeldung, ist die verpflichtet, eine Berichtigung abzudrucken.

Facebook-Chef Mark Zuckerberg hatte sich auf seiner Facebookseite am Freitag zu der Debatte geäußert: Er nehme das Problem sehr ernst, schrieb er. Zuckerberg kündigte Maßnahmen an, mit denen er gegen gefälschte Nachrichten vorgehen wolle, wie zum Beispiel bessere technische Systeme, die Falschmeldungen als solche identifizierten, noch bevor es die Nutzer könnten. Außerdem wolle man künftig mit Drittanbietern zusammenarbeiten, die sich auf das Erkennen dieser Nachrichten spezialisiert hätten.

Doch solange diese Systeme nicht greifen, muss wohl jeder selbst aktiv werden. Es sind oft nur wenige Klicks, die es braucht, um Lügen von echten Meldungen unterscheiden zu können. Andre Wolf, Sprecher von Mimikama, einem Verein zur Aufklärung über Internetmissbrauch, nennt dazu drei Schritte: Zuerst sollte man die Quelle überprüfen. Ist das Impressum lückenhaft, sitzt das Unternehmen zum Beispiel in Panama oder steht keine seriöse Redaktion hinter der Nachricht, sollte man gewarnt sein. In einem zweiten Schritt rät er dazu, die Schlagwörter der Meldung in eine Suchmaschine einzugeben. Ist auf verschiedenen Seiten exakt die gleiche Meldung mit dem gleichen Wortlaut verbreitet, könne davon ausgehen, dass die Meldung ungeprüft übernommen wurde. Drittens könne man in einer Suchmaschine das veröffentliche Bild zu suchen und abzugleichen, ob es zum Beispiel aus dem eigentlichen Kontext gerissen wurde.