Kommentar zu "extra drei" "extra drei" und die AfD: Warum die Rechtspopulisten die ARD verklagen wollen

Berlin - AfD-Funktionäre lassen sich manches gefallen, nicht aber, beim Wort genommen zu werden. Unmissverständlich und vom Beifall der Delegierten begleitet, hatte die neue Spitzenkandidatin der AfD, Alice Weidel, auf dem jüngsten Parteitag in Köln gefordert: „Die politische Korrektheit gehört auf den Müllhaufen der Geschichte.“
„Jawoll“, hatte Christian Ehring, Moderator der NDR-Sendung „extra 3“ in der jüngsten Ausgabe geantwortet, „lasst uns alle unkorrekt sein. Da hat die Nazi-Schlampe doch recht.“
„Political correctness“ über Bord geworfen
Selten ist bisher eine Forderung der AfD in einer Sendung des öffentlich-rechtlichen Programms so mustergültig umgesetzt worden. Ehring zeigte sehr präzise, was geschieht, wenn der Sprache das als „political correctness“ verhöhnte zivilisatorische Minimum genommen und die Diffamierung des politischen Gegners zum umgangssprachlichen Standard erklärt wird.
Das entsprach einerseits – wenn auch nur im Wortsinn – der Forderung der AfD-Politikerin, andererseits war es allerbeste Aufklärung: Nichts anderes ist die Aufgabe der Satire.
AfD fand Böhmermanns Erdogan-Satire gut
Die AfD erkennt darin jedoch nur eine Verletzung der „Persönlichkeitsrechte von Alice Weidel‘“, die satirische Betrachtung sei „beleidigend und verleumderisch“.
Das klang schon einmal anders. Als Bundeskanzlerin Angela Merkel im berühmten Streit zwischen dem Komiker Jan Böhmermann und dem türkischen Staatschef Recep Tayyip Erdogan um ein vermeintlich beleidigendes Gedicht einer gesetzlichen Regelung gefolgt war und ein Strafverfahren gegen Böhmermann zugelassen hatte, war das für den AfD-Parteichef Jörg Meuthen Anlass für einen kraftvollen Appell für die Pressefreiheit: „ Satire, so fragwürdig sie auch sein mag, zur Strafverfolgung freizugeben, ist ein Anschlag auf die Freiheit, die Europa auszeichnet.“
Unterschied macht die deutsche Staatsbürgerschaft
Das soll im Fall Alice Weidel nicht mehr gelten. Denn dieser sei mit dem Fall Böhmermann überhaupt nicht zu vergleichen, sagt AfD-Sprecher Christina Lüth: „Damals ging es um eine ausländische Macht, die sich in Deutschland einmischt. Jetzt sind es zwei deutsche Staatsbürger, die sich streiten.“
Das heißt, die „Freiheit, die Europa auszeichnet“, soll enden, wenn sich ein deutscher Staatsbürger davon betroffen fühlt? Der AfD ist auch offenbar entgangen, dass der Ehrenschutz ausländischer Staatschefs nach deutschem Recht – zumindest bisher- strenger ist als der Schutz für Deutsche.
GEZ gibt es nicht mehr
Parteisprecher Lüth sollte im Übrigen noch einmal recherchieren, ehe er auf Twitter gegen den Satiriker Christian Ehring zu Felde zieht. Er nennt ihn dort „GEZ-Primitivling“.
Das ist nicht nur betrüblich ungelenk, sondern schlicht falsch: Die Gebühreneinzugszentrale (GEZ), beliebtes Hassobjekt der AfD, wurde zum 31. Dezember 2012 umgewandelt in den „ ARD ZDF Deutschlandradio Beitragsservice“. Soviel Korrektheit sollte schon sein.