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Comedian John Oliver Comedian John Oliver: Harte Kritik mit trockenem Humor

Von Anne Burgmer 19.09.2016, 16:23
Auftritt mit Emmy: John Oliver
Auftritt mit Emmy: John Oliver AFP

Köln - Für John Oliver war es ein enttäuschender Abend. Ja, er hatte in Los Angeles den Emmy für die beste Unterhaltungs-Talkshow entgegennehmen können, aber eigentlich hatte er gehofft, vier Stunden lang auf den Hinterkopf von Beyonce starren zu können, die vor ihm sitzen sollte. Doch die kam nicht. „Der Preis ist nett. Aber im Ganzen fühlt sich dieser Abend wie eine Niederlage an“, sagte der 39-Jährige hinterher. Er habe aber ohnehin nicht mit einem Sieg gerechnet. „Ich bin Brite. Ich erwarte nie, Erfolg zu haben.“

Dieser trockene Humor, der sich selbst nicht so wichtig nimmt, ist der eine Grund, warum Oliver in den USA in kurzer Zeit so erfolgreich wurde.

Seit zwei Jahren läuft bei HBO sonntags seine Show „Last Week Tonight“ und nun hat er dafür den wichtigsten Fernsehpreis der Welt gewonnen. Wer etwas lernen will über die amerikanische Gesellschaft und Politik, der kommt an den 30 Minuten nicht vorbei. John Oliver versteht es auf brillante Weise, auch die schwierigsten Themen unglaublich unterhaltsam und dennoch informativ darzustellen. Ungewöhnlich ist dabei zum einen, wie viel Zeit er sich oft für ein Thema nimmt und anderseits, woran er sich traut.

Schon in seiner zweiten Show sprach er über die Todesstrafe. Er beschäftigte sich mit Folter, Atomwaffen, Flüchtlingen. Das klingt alles nicht nach guter Unterhaltung. Bei ihm ist es das aber. Und es gelingt ihm sogar, europäische Politik – den Brexit, die Abstimmung über die Unabhängigkeit Schottlands – ins amerikanische Fernsehen zu bringen.

Ein Engländer in den USA

Oliver, der aus Birmingham stammt und Fan des FC Liverpool ist, begann als Stand-Up-Comedian in England. Seit 2006 arbeitete er für die „Daily Show“ mit Jon Stewart. Sein Sprungbrett, das ihm zur eigenen Show verhalf. Als Engländer sei er in den USA ein Außenseiter, sobald er den Mund aufmache. Ihn stört das aber nicht, im Gegenteil: „Komiker sind immer Außenseiter.“ Und es ist eben genau dieser Blick von außen, der es ihm ermöglicht, den Amerikanern aufzuzeigen, was bei ihnen schief läuft. Es macht ihm Spaß, die Grundpfeiler ihres Selbstverständnisses zu zertrümmern, etwa als er eine eigene Kirche gründete, um zu demonstrieren, wie angeblich um das Seelenheil ihrer Schafe bemühte Prediger in Wirklichkeit einfach nur Verzweifelte um ihre Ersparnisse bringen.

Für viel Wirbel sorgte auch seine Beschäftigung mit Donald Trump. Lange Zeit hat er den republikanischen Präsidentschaftskandidaten ignoriert, doch als es nicht mehr ging, nahm er sich Trump vor – und diesen in 20 Minuten auseinander. Seine Lügen, seine Pleiten als Geschäftsmann, den ganzen Irrsinn seiner Kampagne. 29 Millionen Mal wurde der Clip bisher auf Youtube angeschaut. Und Oliver hört nicht auf, Trump in die Mangel zu nehmen. Er hat sichtlich Spaß daran, eine klare Meinung zu äußern, und das macht seine Unterhaltungs-Show politischer und einflussreicher als viele reine Nachrichtenformate.