"Anne Will" zu Hartz IV "Anne Will" (ARD): Zoff über Hartz IV zwischen Jens Spahn und Sahra Wagenknecht

Berlin - SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil hat am Sonntagabend bei „Anne Will“ die Absicht seiner Partei verteidigt, die Grundsicherung Hartz IV tiefgreifend zu reformieren. „Es werden bald ganze Branchen verschwinden“, sagt er mit Blick auf die Digitalisierung und die Entwicklung der Künstlichen Intelligenz . So werde es etwa in ein paar Jahren keine Übersetzer mehr geben.
„Diesen Menschen muss der Staat eine Garantie geben, dass wir uns um sie kümmern, dass sie nicht innerhalb kürzester Zeit ins Arbeitslosengeld II abrutschen, dass sie nicht Hartz IV beziehen. Und da brauchen wir eine große Reform.“
Auch Bundesgesundheitsminister Jens Spahn sieht Reformbedarf bei Hartz IV - „zum Beispiel beim Bürokratie-Wust“. So könne es zum Beispiel mehr Pauschalen geben. „Aber das Grundprinzip, die Grundidee, die dahinter steckt, die ist aus meiner Sicht zu erhalten“, betont der Bewerber für den CDU-Vorsitz, der laut Umfragen allerdings derzeit abgeschlagen hinter Annegret Kramp-Karrenbauer und Friedrich Merz liegt.
Er befürwortet auch, Sanktionen für Bezieher der Grundsicherung beizubehalten, die zum Beispiel Termine im Jobcenter nicht einhalten oder angebotene Stellen nicht annehmen. „Warum? Weil es ein Gebot der Fairness ist (...) gegenüber denjenigen, die das finanzieren“, so Spahn.
Wagenknecht: „Hart IV muss weg“
Darauf steigt Linksfraktionschefin Sahra Wagenknecht nur zu gern ein. Durch das Hartz-IV-System sei ein riesiger Niedriglohnsektor etabliert worden. Viele Menschen könnten von ihrer Arbeit nicht mehr leben. „Und deswegen muss dieses Hartz IV weg“, wendet sich Wagenknecht gegen Spahn. Sie finde es „unerträglich, Arbeitslose unter Generalverdacht zu stellen“. Klingbeil pflichtet ihr bei und spricht von Frustration, die durch das Bestrafungssystem bei jungen Arbeitslosen entstehen könne.
Die SPD diskutiert seit langem über eine Reform oder Abschaffung des unter Kanzler Gerhard Schröder (SPD) eingeführten Hartz-Systems zur Grundsicherung. Die Parteivorsitzende Andrea Nahles hatte vor kurzem eine „Sozialstaatsreform 2025“ gefordert und angekündigt: „Wir werden Hartz IV hinter uns lassen.“ Später erklärte sie, die neue Grundsicherung müsse ein Bürgergeld sein. Die Leistungen müssten klar und auskömmlich sein, Sanktionen müssten weitgehend entfallen.
Die SPD-Vizevorsitzende Malu Dreyer sagte der „Welt“: „Hartz IV ist eine Wunde für viele Mitglieder der SPD, das stimmt.“ Es gehe darum, einen Sozialstaat zu definieren, der den Herausforderungen unserer Zeit entspreche. „Das tut eine 15 Jahre alte Reform aus einer vordigitalen Zeit nicht.“ (dpa, red)