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TV-Kritik zu Maybritt Illner TV-Kritik zu Maybritt Illner: Alles gut beim Mindestlohn?

Von Daland Segler 04.07.2014, 04:31
Maybrit Illner
Maybrit Illner ZDF und Carmen Sauerbrei Lizenz

Frankfurt - Wer zu spät kommt, muss damit rechnen, dass ihn die Quote bestraft. Mangels anderer Themen in der beginnenden Sommerflaute  musste Maybrit Illner mit ihrer Talkshow diesmal hinterhertarocken.

Denn das Gesetz um verbindlichen Mindestlohn war  im Bundestag ja am gleichen Tage schon verabschiedet worden. Und über die Folgen hatte die Nation auch im Fernsehen zuvor ausgiebigst diskutiert. Was also sollte hier noch an neuen Erkenntnissen gewonnen werden?

Zumal auch das Setting den Regeln deutscher Polittalks folgte. Neben der üblichen Ausgewogenheit  bei der Auswahl der Politiker und Verbandsvertreter  wurden wieder zwei  Menschen  aus dem Volke geladen: Friseurin Lilly Sandberg und der Rostocker Gastwirt Tiemo Lenk vertraten den Mittelstand und entgegengesetzte Positionen zum neuen Gesetz. Während die Chefin der Berliner „Haarschneiderei“ ihr Handwerk durch den Mindestlohn aufgewertet sieht, fürchtet der Wirt Preiserhöhungen.

Wie der mit der großen Mehrheit der Koalition gefasste Beschluss sich tatsächlich auswirken wird, darüber konnten auch die Experten aus Politik und Verbänden nur spekulieren. Thomas Oppermann, SPD-Fraktionschef, pries jedenfalls mal die „historische Zäsur“. Auch Reiner Hoffmann, neuer DGB-Boss, hob den „großen Erfolg“ vor, den die Verabschiedung des Gesetzes darstelle – und ging damit auf Distanz zu seinem Verdi-Kollegen Frank Bsirske, der die Ausnahmen vom Mindestlohn zum Anlass genommen hatte, von einem Flickenteppich, ja von Wählertäuschung zu sprechen. Wogegen Oppermann betonte, es sei  keine Branche ausgenommen.

Schnelle Einigkeit

Immerhin gelang es im Laufe der Debatte, zu Differenzierungen zu gelangen. Einigkeit bestand rasch darin, dass eine Familie von 8,50 Euro nicht existieren könne. Originell wirkte dagegen die Argumentation von Arbeitgeberpräsident Ingo Kramer, der sich um diejenigen zu sorgen vorgab, die infolge der neuen Regelung entlassen würden oder keine Stelle fänden. Damit begründete er noch einmal, warum er gegen den „Einheits“-Mindestlohn sei und warum er die Regelung von Tarifbestimmungen durch die Politik ablehne.  Da war die von Illner eingespielte Entwicklung  vom Verdienst der Top-Manager und Durchschnittsverdiener schon interessanter: Betrug das Verhältnis vor 20 Jahren noch 20 zu eins, streicht der Topmanager heute 200 Mal so viel ein wie Otto Normalverdiener.

Wichtig aber wird die Realisierung der neuen Bestimmungen sein. Deshalb soll die Zahl der Zollbeamten um 1600 auf 6000 aufgestockt werden, um  Kontrollen vorzunehmen – eine notwendige Maßnahme, wie Gewerkschafter Hoffmann findet, denn er fürchtet, dass einige Unternehmer, wie schon  bei  der Leiharbeit, „ein Geschäftsmodell“ daraus machen, etwa Langzeitarbeitslose genau so lange zu beschäftigen, bis sie auch den Mindestlohn bekommen müssten – und sie dann wieder zu  entlassen. Während Kramer das Lied vom braven Unternehmer sang, wies CDU-Wirtschaftspolitiker Michael Fuchs darauf hin, dass es überall Schwarze Schafe gebe – „außer im Journalismus“. Hoho. Wie knifflig die Überwachung werden kann, deutete Gastwirt Lenk an, der erklärte, er würde einen betrügerischen Konkurrenten  wohl nicht anzeigen. Was immer da auf Arbeitnehmer und -geber zukommt: Das Gesetz ist jetzt beschlossen, und auch die CDU zeigt sich mit dem von der SPD in die Groko eingebrachten Werk zufrieden. Er sei damit „einverstanden“, sagte am Ende Michael Fuchs.