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TV-Kritik zu "Günther Jauch" TV-Kritik zu "Günther Jauch": Spalten Erbschaften die Gesellschaft?

Von Holger Schmale 18.05.2015, 06:07
In der Sendung am 17. Mai konnte Moderator Günther Jauch die Runde nicht so richtig in fahrt bringen.
In der Sendung am 17. Mai konnte Moderator Günther Jauch die Runde nicht so richtig in fahrt bringen. dpa Lizenz

Berlin - Günther Jauchs Sendung gilt als die wichtigste und einflussreichste der vielen Talkshows im öffentlich-rechtlichen Fernsehen. Das liegt an ihrem Sendeplatz gleich nach dem Tatort und dem populären Moderator, der freilich außer seiner Prominenz stets wenig beizutragen hat zum Gelingen seiner Sendung. Und zur Einlösung des hohen Anspruchs.

Dramatische Flüchtlingsschicksale auf den Meeren, Angela Merkels Versagen und ihr Vertrauensverlust in der BND/NSA-Affäre, das wären nur zwei der Themen, die in diesen Tagen die politische und die öffentliche Debatte in Deutschland beherrschen. Nichts davon bei Günther Jauch.

Wenig kontroverse Debatte

Der beschäftigte seine Gäste mit der Frage: „Unverdient reich werden – ist Erben gerecht?“ Angesichts der vom Bundesverfassungsgericht verfügten Verschärfung der Erbschaftsteuer, die bis Mitte 2016 in Kraft treten muss, ist zwar auch dieses Thema irgendwo auf der politischen Agenda, und vor allem die Unternehmerverbände trommeln dagegen.

Doch die Brisanz dieser Frage ist überschaubar. Um sie wirklich kontrovers zu debattieren, bräuchte es auch andere Gäste als zum Beispiel den Modellunternehmer Dirk Roßmann, der mehr durch sein soziales Engagement denn als harter Kapitalistenhund bekannt geworden ist. So geriet er sich zwar mit dem Armutsforscher Christoph Butterwegge hier und da über Details der Besteuerung in die Haare, doch im Grundsatz waren sich sogar diese beiden als Gegenspieler eingeladenen Talkshow-Profis einig: Natürlich müssen Erbschaften  angemessen besteuert werden, doch darf dies Familienunternehmen, die den Kern der deutschen Wirtschaft und der Erbengesellschaft ausmachen, nicht in ihrem Bestand gefährden.

Butterwegges nicht neue Analyse, dass Deutschland eine sozial zunehmend auseinanderfallende Gesellschaft sei, fand kaum Widerspruch – doch war auch klar, dass die Erbengesellschaft eher ein Ausdruck denn eine wesentliche Ursache dieser Entwicklung sei.

Das sah selbstverständlich die schöne bayerische Gräfin und Mäzenatin Stephanie von Pfuel ebenso, die nicht so recht in das von der Buchautorin und Erbenkritikerin Julia Friedrichs gemalte Bild eines neuen Feudalismus in Deutschland passen wollte. Sie verwies darauf, dass ja nicht jeder ein Reihenhaus in München erwerben müsse (das schaffe kaum noch einer aus eigener Kraft, räsonierte Friedrichs), bei ihr in der Pfalz gebe es noch sehr günstige Grundstücke.

Politiker hätten der Runde gut getan

Der Psychologe und Vermögensforscher Thomas Druyen mahnte, man möge doch die psychologische Dimension des Erbens (was meinte er nur damit?) stärker beachten und nicht so sehr in ein Expertengespräch über Steuersätze verfallen, das bringe den Zuschauern nichts.

Doch gerade das hätte hilfreich sein können: Eine nachvollziehbare Präsentation der Fakten: Was soll bei der Erbschaftsteuerreform passieren, was plant die Bundesregierung, wie passt das zum Programm der SPD, was will die Opposition? So blieb es beim munteren Jonglieren mit Steuersätzen, Zahlen und Daten, deren Relevanz und Stimmigkeit für die Zuschauer kaum nachzuvollziehen war.

Und so kam auch Friedrichs mit ihrem wiederholten Versuch, das systematische Problem der in Deutschland hohen Besteuerung von Arbeit gegenüber der eher milden Belastung von Vermögen zu thematisieren, nicht zum Zuge. Und vielleicht hätten dieses Mal  auch einige Politiker der Runde gut getan, die hätten erläutern können, warum das so ist in Deutschland, warum es so bleiben soll – oder auch nicht.