TV-Kritik TV-Kritik: WDR lädt zur Politiker-WG im Duisburger Stadtteil Marxloh

Duisburg - Sieben Politikerinnen und Politiker leben in einer Wohngemeinschaft – mitten im sozialen Brennpunkt in Duisburg-Marxloh. Für eine TV-Doku des WDR, dessen Redakteur Simon Pützstück im Vorfeld beteuert, man wolle kein Big Brother mit Politikern veranstalten.
Warum tun sie das? Und vor allem: Was soll dabei herauskommen? Wie sollen Manuel Dröhne (Die Jungsozialisten, Stadtrat in Oberhausen), Klaus Franz (CDU-Bürgermeisterkandidat für Bochum), Lisa-Marie Friede (Sprecherin Grüne Jugend NRW), Luisa-Maximiliane Pischel (Junge Liberale, Bezirksvorsitzende Ruhrgebiet), Paula Marie Purps (CDU, u.a. Bundesjungbeirat für Inklusion), Ulrich Scholten (SPD-Bürgermeisterkandidat für Mülheim/Ruhr) und Kathrin Vogler (Bundestagsabgeordnete, Die Linke) allen Ernstes in einer Woche Projekte anstoßen in einem Quartier, das derart am Boden liegt?
Die Gesundheitsvorsorge verbessern, einen Jugendtreff organisieren und ein Kochprojekt mit gesundem Essen an den Start bringen. Es ist absurd, sich auf so etwas einzulassen.
Resultate bleiben aus
Das Ergebnis nach einer Woche ist genauso dünn wie die gesamte Doku. Einmal die Woche wird ein rollender Jugendtreff in den Stadtteil kommen. Na prima. Und Pater Oliver, der seit September 2012 mit vielen freiwilligen Helfern versucht, die Not zu lindern, darf sich über ein paar kostenlose Medikamente und 2000 Euro an Spenden freuen. Das Koch-Projekt fällt ganz ins Wasser.
Und die Zuschauer, die 45 Minuten mit den glorreichen Sieben durch Marxloh gezogen sind? Sie wissen jetzt, dass es Kneipenschlägereien rivalisierender Gruppen gibt, die nur mit einer Hundertschaft der Polizei beendet werden können. Dass die Alt-Zuwanderer auf die Neu-Zuwanderer aus Bulgarien und Rumänien schlecht zu sprechen sind, sich in den Hinterhöfen der Müll stapelt, dass man mit 15 Euro für sieben Personen kein vernünftiges Essen zubereiten kann und Politiker solche Probleme auch nicht lösen können. Und innerhalb einer Woche schon gar nicht.
Das Ganze wird recht reißerisch unterlegt, mit Kommentaren, die Big Brother würdig sind. „Die Marxloher Realität wartet. Dafür werden wir sorgen. Und es wird ganz schön zur Sache gehen.“ So der O-Ton des Redakteurs, der das Projekt ins Leben rief. Das stimmt. Klaus Franz, der CDU-Bürgermeisterkandidat für Bochum, hat das Rührei mit Zitronenlimonade vermischt. Weil er es für Mineralwasser gehalten hat, als er beim Türken einkaufen ging. Armes Marxloh. Diese WG hat der Stadtteil wirklich nicht verdient.