Tom Jones wird 75 Tom Jones wird 75: Sexbombe und solider Ehemann

Das zweite Leben des Tom Jones beginnt 1999, und die Spur führt nach Hannover. Der walische Sänger geht auf die 60 zu, hat eine treue Fangemeinde, gilt aber als Mann von gestern, dessen große Erfolge („What’s new, Pussycat?“) gut drei Jahrzehnte zurückliegen. Jungstar Robbie Williams willigt damals zwar ein, ein Duett mit Jones aufzunehmen. Er tut dies aber in erster Linie, um einen Fan der ersten Stunde ins Studio mitzubringen – seine Mutter.
Am Ende fehlt für das Duett-Album „Reload“ noch ein zündender, neuer Song. Den schreibt der deutsche Produzent Mousse T. Jones auf den Leib, und dank „Sex Bomb“ wird der Künstler mit der akkurat ondulierten Dauerwelle und den blankgewienerten Goldkettchen auf einmal wieder richtig cool, erschließt sich auch ein jüngeres Publikum.
Das Geheimnis seines Erfolges – neben der unvergleichlich wuchtigen Stimme – ist vor allem Jones’ selbstironische Distanz zur Kunstfigur Tom Jones, diesem brustbehaarten Schwerenöter, dem weibliche Fans BHs und Schlüpfer auf die Bühne werfen. Als freundliche, in die Jahre gekommene Sexbomben-Parodie würde er gut in jenes Männerstrip-Ensemble passen, das im Kinofilm „Ganz oder gar nicht“ fast blankzieht, während Jones dazu „You Can Leave Your Hat On“ schmettert.
Schulabgang ohne Abschluss
An eine Welt-Karriere mit 100 Millionen verkauften Platten ist nicht zu denken, als Tom Jones am 7. Juni 1940 in Pontypridd in der Nähe von Cardiff geboren wird. Sein Vater arbeitet als Bergmann, das Leben im walisischen Steinkohlerevier ist entbehrungsreich und ungesund. Als Kind erkrankt Jones an Tuberkulose, es dauert fast zwei Jahre bis zur völligen Genesung. Mit 16 verlässt er die Schule – ohne Abschluss.
Nach einer Zwischenstation als Staubsaugervertreter tingelt Jones unter dem Pseudonym „Tiger Tom“ durch Pubs und Clubs in Wales und England, bei einem Auftritt in London wird er 1964 von Gordon Mills entdeckt, der sein erster Manager wird. Schon ein Jahr später ist Jones auf dem Pop-Gipfel angekommen – als Interpret des James-Bond-Titelsongs „Thunderball“.
Enger Freund des King'
Während die 007-Darsteller in den folgenden Dekaden kommen und gehen, macht der röhrende Tiger einfach weiter, übersiedelt in die USA, freundet sich mit Elvis Presley an und feiert große Erfolge in Las Vegas. Inzwischen lebt Jones – neben dem Fußballer Ryan Giggs der größte Star, den das kleine Wales je hervorgebracht hat – wieder in Großbritannien. Das Heimweh seiner Frau soll für den Umzug entscheidend gewesen sein.
Als Geheimnis seiner Fitness nennt Jones „regelmäßig acht Stunden Schlaf“ und ist zu der Erkenntnis gelangt, dass er längst tot wäre, „wenn ich über Jahrzehnte den Lebensstil gepflegt hätte, den meine Songs suggerieren.“ Ein asketischer Daseinsvermieser ist Jones aber nicht – Wein, Cognac und kubanische Zigarren gönnt er sich in Maßen. Zigaretten sind allerdings tabu – um die Stimme zu schonen.
Spekulative Zeitungsberichte, Affären und Vaterschaften betreffend, hat der Sänger stets tapfer über sich ergehen lassen – fürs Image waren diese Artikel ja nicht schlecht. Im richtigen Leben hat er aber längst Goldene Hochzeit gefeiert mit seiner Jugendliebe Melinda Woodward. Sohn Mark managt den Vater, der seinen 75. Geburtstag am Sonntag auf Tournee in Skandinavien feiert.

