Thüringen Thüringen: Eklat in Weimar sorgt für politischen Sturm

Berlin/Weimar/dpa. - AmDienstag schaltete sich Kulturstaatsminister Bernd Neumann (CDU) einund nahm Schäfer in Schutz. Dagegen forderte die SPD-Obfrau imBundestagskulturausschuss, Monika Griefahn, Schäfer zum Rücktrittauf.
Unterdessen wurde eine weitere Panne in Neumanns Behörde bekannt:Wegen eines «technischen Versehens» seien auch alle KZ-Gedenkstättenaufgefordert worden, die deutsche Fahne zum «Tag der Heimat» am 3.September zu hissen. Das bestätigte eine Sprecherin Neumanns amDienstag auf Anfrage. Die Anordnung sei nach dem Bekanntwerdenzurückgezogen worden.
Schäfer wird vorgeworfen, am Freitag vor einem den Opfern desKonzentrationslagers Buchenwald gewidmeten Konzert vor allem überFlucht und Vertreibung der Deutschen gesprochen zu haben, ohne aufdie Opfer des KZs einzugehen. Er hat sich inzwischen dafürentschuldigt. «Ich wusste nicht, dass in den ersten Reihen auch KZ-Opfer sitzen», sagte Schäfer am Montagabend im 3sat-Magazin«Kulturzeit». Er hätte die KZ-Opfer stärker in seine Rede einbindenmüssen, habe jedoch die Vorgabe gehabt, allgemein überErinnerungspolitik zu sprechen. «Aber es liegt mir fern, Opfer zurelativieren.»
«Wenn er ein bisschen Anstand hat, gibt er sowohl Amt als auchProfessorentitel zurück», meinte dagegen Griefahn am Dienstag imInforadio des RBB. Der Historiker Reinhard Rürup warf Schäfer imDeutschlandradio Kultur einen «Mangel an politischem Instinkt» vor,auch wenn er sicherlich nicht habe provozieren wollen. Schäfer habeaber den Eindruck erweckt, als gehe es ihm um eine Akzentverschiebungin der deutschen Erinnerungskultur. «Wenn das der Fall ist, dann istin der Tat eine große öffentliche Diskussion erforderlich.»
Schäfers Chef Neumann sagte, er «bedaure außerordentlich» diedurch die Schäfer-Rede ausgelösten «politischen Missverständnisse undBeeinträchtigungen der Eröffnungsveranstaltung». Er betonte jedoch,dass sich Schäfer dafür entschuldigt habe. Aus seiner Rede eineinhaltliche Veränderung der Gedenkstättenpolitik des Bundes imHinblick auf die Bewertung und Aufarbeitung der NS-Diktaturabzuleiten, sei «völlig abwegig», sagte Neumann weiter. «Hier stehtdie Bundesregierung in der Kontinuität aller Vorgängerregierungen.Die NS-Diktatur und der durch sie verursachte Holocaust sind in ihrerMenschen verachtenden, grausamen Dimension einzigartig und durchnichts zu relativieren.»
Der Direktor der KZ-Gedenkstätte, Ricola-Gunnar Lüttgenau, sagte,dem Präsidenten des Internationalen Komitees Buchenwald-Dora undKommandos, Bertrand Herz, reiche die Erklärung Schäfers nicht aus.Bertrand sei in großer Sorge, wie mit der Erinnerungskultur nach demTod der letzten Zeitzeugen umgegangen werde.
Rückendeckung bekam Schäfer von dem Historiker Michael Wolffsohn.«Einen so bewährten, unverdächtigen Mann zu stigmatisieren, istunredlich», sagte Wolffsohn der «Netzeitung». «Hier werden andereSüppchen gekocht: Wieder soll ein aufrechter, aufrichtiger, absolutintegerer Konservativer oder Liberal-Konservativer in die rechte Eckegedrängt und kaltgestellt und zum Schweigen gebracht werden»,kritisierte der Professor an der Münchner Bundeswehr-Universität.