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Theater Theater: «Cyrano de Bergerac» auf Universitätsplatz in Halle

Von Andreas Hillger 23.06.2005, 15:45

Halle/MZ. - Eine Theaterpremiere unter freiem Himmel feiert am Freitag um 21 Uhr das Thalia Theater Halle. Auf dem Universitätsplatz inszeniert das Theater das Mantel- und Degenstück «Cyrano de Bergerac». Unterstützt werden die Darsteller von der Fechtgruppe des Universitätssportzentrums. In dem Stück wandelt der junge Cyrano auf den verworrenen Pfaden der Liebe. Virtuos beherrscht der wortgewandte Raufbold seinen Degen. Er ist bekannt für seinen Mut - aber auch für seine große Nase. Er ist überzeugt, dass ihn keine Frau lieben kann.

Dieser Kadett ist ein ganzer Kerl: Treu zu seinen Freunden und tapfer vor dem Feind, geistreich im Gespräch und wortgewandt bei der Werbung. Wenn nur die Nase nicht wäre! Das Organ ist nicht zu übersehen und zieht jeden Spott an, den man mit derartigenGesichtserkern zu treiben pflegt. Da hilft ihm weder Mantel noch Degen: Cyrano de Bergerac ist gezeichnet - und wird seine Roxane wohl nie gewinnen. Zudem hat der Franzose aus der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts auch den Autoren-Ruhm längst an seinen Konkurrenten Molière verloren - und muss sich bei seiner eigenen Unsterblichkeit auf das Werk eines jüngeren Landsmannes verlassen.

Mit Witz und Grazie

Edmond Rostands Tragikomödie "Cyrano de Bergerac" ist ein Versdrama, das auch in Frank Günthers neuer Übersetzung nichts von seiner Grazie und seinem Esprit eingebüßt hat. Dass es vom Thalia-Theater Halle nun als Sommer-Open-Air präsentiert wird, ist auch der zweitberühmtesten Balkon-Szene der Bühnengeschichte geschuldet: Denn schließlich blickt man von der großen Freitreppe vor dem Löwengebäude direkt auf einen solchen steinernen Vorbau. Und "Romeo und Julia" lief am gleichen Ort bereits im Sommer 2003.

An diese Inszenierung fühlt man sich auf den ersten Blick erinnert, wenn man Christian Becks Ausstattung sieht: Wieder steht rechts eine Art Kiosk, in dem der gute Ragueneau diesmal allerdings Krapfen bäckt und von Mandeltörtchen schwärmt. Wieder wird die Außenwelt durch Straßensperren abgeschirmt, die nun jedoch wie Holz-Barrikaden wirken. Und dann ist doch vieles anders: Regisseurin Dorothea Schroeder setzt weniger auf optische als auf akustische Vergegenwärtigung - eine Entscheidung, in der sie zumindest von den Hauptfiguren bestärkt wird. Denn während die hoch gestochene - und schon bei der Premiere 1897 antiquierte - Bühnensprache an den Rändern klappert, als würde das Metrum mit den Holzpantinen der Wirtin Lise auf das Pflaster getrommelt, scheint sie für Sascha Tschorn wie geschaffen.

Der junge Schauspieler handhabt seine Verse so geschickt wie seinen Degen - und ist auch dank der Maske ein Cyrano, der nie zur Karikatur verkommt. Statt wuchtiger Depardieu-Posen sieht man einen jungen Menschen voll natürlicher Eleganz und Energie, der gar nicht anders kann, als seiner Nase zu folgen. Anke Stedingk aber muss sich als schwarz gestiefelte und schräg geschnürte Roxane alle Mühe geben, um solche Qualitäten zu übersehen - zumal Christian Bayer als Neuvillette die Rolle des schönen Dummkopfs trefflich beglaubigt.

Sehr empfehlenswert

Die schreckliche Wendung aber, die das lustige Leben der Kadetten zur Reise in den Tod verwandelt, wird von Berndt Stichler als Guiche so cool serviert, wie sie Dorothea Schroeder inszeniert: Fortan sitzt das Publikum da, wo eben noch Liebesschwüre getauscht wurden - und blickt auf die Treppe, die nun als Barrikade dient. Hier gewinnt der Abend eine Steigerung, die für einige Längen am Beginn entschädigt und das wahrhaft erschütternde Ende vorbereitet. Als Sommertheater mit der Pflicht zum Zuhören also unbedingt zu empfehlen - selbst wenn man den schön schlechten Montfleury (Harald Höbinger) für seine Version von Stings "Roxanne" gemeinsam mit Cyrano vom Platz treiben möchte.

Freitag, Sonnabend sowie am 29. und 30. Juni, jeweils 21 Uhr; Freitag öffentliche Premierenfeier auf dem Uniplatz