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Theater Theater: Auf totem Gleis an stillem Wasser

Von Andreas Hillger 14.06.2007, 15:00

Magdeburg/MZ. - Auch Willkommen und Abschied liegen beim jüngsten Sommerspektakel im Magdeburger Theater an der Angel dicht beieinander: Wenn man mit einem "...bis irgendwann" begrüßt wird, ahnt man bereits die Trauer der Trennung. Der Ort, den die Initiatoren Ines Lacroix und Matthias Engel für ihre sentimentale Reise entdeckt haben, passt zu diesem Thema: Im Magdeburger Wissenschaftshafen - einem Versuchsfeld innovativer Stadtentwicklung - findet sich ein alter Schiffsankerplatz neben ausgefahrenen Bahnschienen. Stilles Wasser und totes Gleis sind Symbol für möglichen Aufbruch und tatsächlichen Stillstand - ein Doppelsinn, der auch über dem Abend liegt.

Denn nachdem die auf sieben Darsteller erweiterte Schar ihr improvisiertes Präludium vollendet hat, wird man in eine stickige Abfertigungshalle gebeten. Und hier, wo der große Anlauf in einen Sprung münden müsste, stolpert die Geschichte. Denn was ursprünglich auf große Themen wie Emigration und Vertreibung gestimmt war, zerfällt nun in kleine, mehr oder minder banale Etüden. Die existenzielle Dimension einer Reise von Irgendwo nach Nirgendwo löst sich in der Zugfahrt einer Geliebten zum verheirateten Vater ihres Kindes oder im Streit eines an der Beziehung gescheiterten Paares auf.

Natürlich sind das Dramolette, die im Detail durchaus absurden Reiz entwickeln - zumal das Theater an der Angel mit Ausstatter Toto einmal mehr die Lust am authentischen Dekor und Requisit pflegt. Doch zwischen einem Speise- und einem Packwagen, zwischen den praktischen Sitzkoffern und dem Treibgut der Lebensläufe kommt ihnen diesmal der rote Faden abhanden. Das ist um so augenfälliger, als Therese Thomaschkes Inszenierung immer wieder an den ursprünglichen Ansatz erinnert.

Doch wenn Briefe von amerikanischen Auswanderern gelesen oder blinde Passagiere des Schiffes "Esperanza" auf offener See ausgesetzt werden, bleibt das ein kurzer Exkurs - und danach begegnet man wieder dem Bahnhofsbewohner Willi und seinem Freund mit dem Gepäckwagen. Diese beiden sesshaften Nomaden sind so symptomatisch wie der Reisende mit der falschen Fahrkarte und die Frau mit dem Hawaii-Weh. Sie wollen weg - und bleiben kleben. "Manchmal ist es eben zu spät", hat die alte Frau am Anfang gesagt, bevor sie auf ihre letzte Reise ging, von der sie am Ende zurückkehrte. Selbst das Sterben will hier nicht gelingen - bis irgendwann...

Vorstellungen bis 30. Juni, dienstags bis sonntags 20.30 Uhr