Tatort-Nachkritik Tatort-Nachkritik: "Du gehörst mir" - Tatort trifft auf Klischee

Der Fall
In einem Parkhaus liegt die verkohlte Leiche des Bodybuilders Tarim Kosic. Ermordet. Bei der Untersuchung seiner DNA finden die Kommissare heraus, dass es sich um den Mann handelt, der kurz zuvor die schöne junge Ballerina Marie Rainers vergewaltigt hat, die seit der Tat im Koma liegt.
Ein Racheakt der verzweifelten Mutter Birte? Vergeltung der besten Freundin Evelyn? Oder findet sich das Tatmotiv doch eher in der verschmähten Liebe des Rappers Yago Torres, der nach Aussage der Freundin erfolglos in die Tänzerin verliebt war? Oder ist am Ende banaler Drogenschmuggel der Schlüssel zur Lösung des Falls?
Die Auflösung
Der Titel, die erste Einstellung - dem Tatort-erprobten Zuschauer könnte schon ganz zu Beginn alles klar sein. Evelyn sitzt am Krankenbett der beatmeten Marie und sieht sich ein Video an, auf dem die Freundinnen auf der Bühne herumalbern. Evelyn wirkt darin verliebt, beschützend, fast fixiert auf ihre umherflatternde Freundin. Ein junges Mädchen, das ihre Freundin für sich haben will. Teilen mit einer anderen Liebe? Undenkbar! Der Freundin angetanes Unrecht um jeden Preis rächen? Bedingungslos!
Und so versuchte sie nicht nur verzweifelt, Marie erfolglos vom Ach-so-harten Yago fernzuhalten (die beiden waren doch ein Liebespaar), sondern rächte auch ihre Vergewaltigung mit dem Mord an Tarim Kosic. Und auch dessen Fitness-Freund Daniel Peters muss dran glauben, weil er bei Maries Vergewaltigung mitgemacht hat (Vergiftet mit Reinigungsmittel, was am Ende den entscheidenden Hinweis gibt, schließlich arbeitet Evelyn in einer Leiharbeitsfirma. Und die vermittelt an eine Textilreinigung).
Die Kommissare
Nerven ehrlich gesagt. Lena Odenthal (Ulrike Folkerts) mimt die harte Eremitin, die ihr Privatleben ganz ihrem Beruf unterordnet, davon aber dermaßen schlechte Laune bekommt, dass nicht nur ihre Kollegen Johanna Stern und Mario Kopper die Augen verdrehen, sondern auch die Zuschauer. Johanna Stern ist redlich bemüht, niemandem auf die Nerven zu gehen, wirkt dadurch aber blass und ungreifbar. Am sympathischsten ist da noch Kopper, der natürlich andauernd verkatert zur Arbeit erscheint und direkt neben den Tatort pinkelt, was die Ermittler kurz auf die Idee bringt, sein Urin könnte der des Täters sein.
Der Täter
Evelyn ist die unsichere, eifersüchtige Freundin, die ehrlich gesagt niemand an seiner Seite haben will. Schon gar nicht diejenige, die jung und ein lebensbejahender Sonnenschein ist wie Marie Rainers. "Du gehörst mir" ist Evelyns Satz, die unertrüglich an Karma glaubt und deshalb denkt, Böses-Vergelten sei am Ende eine gute Tat, die das Gleichgewicht wieder herstelle. Deshalb bringt sie auch die beiden Testosteron-Monster Kosic und Peters um die Ecke.
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Das war gut
"Du gehörst mir" ist leider ziemlich klischeehaft geraten. Dennoch: Als Yago Torres am Ende ein Video seiner Freundin Marie ansieht, in dem die beiden in die Kamera lachen, sie dem ungleichen Freund ihre Liebe gesteht, während im Krankenhaus ihre Geräte abgeschaltet werden und er in tiefer Verzweiflung in Tränen ausbricht, berührt das schon.
Ein Tatort für die Youtube-Generation. Eigentlich filmt andauernd irgendjemand irgendwen. Das ist drehtechnisch ganz interessant, weil die Rückblenden vom Handydisplay zum Teil spannend das derzeitige Geschehen kontrastieren.
Das könnte besser sein
Alles ist ziemlich vorhersehbar. Außerdem mag es Menschen über 25 nerven, dass ständig irgendjemand auf sein Handy starrt. Dass Bodybuilder harte Jungs sind und dealen, dass Fitness-Studio-Angestellte blonde Krepplocken haben und so matt sind wie der Inhalt ihrer Puderdose.
Der Selfie-Social-Media-Terror gipfelt darin, dass sich das Mädchen auf der Herrentoilette vom stummen Testosteronmacker rannehmen lässt und dabei in die Kamera lächelt, um das Video auf der Suche nach höchst zweifelhaftem Ruhm anschließend auf Facebook zu teilen. Das schmerzt die emanzipierte Seele. Aber auch diejenigen, die zwischen Schwarz und Weiß gerne noch ein paar andere Farben sehen.
Fazit
Kein Tatort, den man gesehen haben muss. Zumindest nicht ganz. Das Musikvideo, in dem Marie Rainers zum Gangsterrap Ballett tanzt, ist stimmungsvoll. Ein paar Aufnahmen auch. Sehenswert auch die goldene Beißschiene von Yago, die er sich rausnimmt, bevor er seine Freundin im Krankenhaus besucht. So viel Goldketten-Rapper-Feeling ist kitschig. Aber ja auch ein bisschen schön. Hach.

