Tatort aus Österreich Tatort aus Österreich: Von Kollegin Bibi Fellner überflügelt

Worum ging es?
Um persönliche Dramen, Korruption und Kindesmissbrauch. Ziemlich viel also. Alles fängt mit dem Mord an Franziska Kohl an. Die war nicht nur Leiterin einer Sonderkommission, sondern auch mal Kommissar Eisners Geliebte. Ihre Leiche wird im selben Keller gefunden, in dem ein junges Mädchen jahrelang gefangen gehalten wurde. Das Kind konnte damals fliehen, der Täter warf sich vor einen Zug. Doch der Fall hat Sonder-Ermittlerin Franziska Kohl nie losgelassen und schnell ist klar: ihre Beharrlichkeit hat sie das Leben gekostet.
Moritz Eisner (Harald Krassnitzer) und Bibi Fellner (Adele Neuhauser) rollen den fünf Jahre alten Missbrauchsfall deswegen neu auf. Doch jede Spur versickert im Sumpf der Korruption, der den Wiener Justizapparat zersetzt. Manipulierte Akten landen auf ihrem Tisch, Leichen verschwinden und zu guter Letzt wird auch noch ein Mordanschlag auf Eisners Tochter verübt. Angesichts der Übermacht ihrer käuflichen Kollegen verzweifeln oder resignieren die wenigen Aufrechten im Polizeiapparat. Am Ende bleibt sogar dem überkorrekten Eisner nur noch die Selbstjustiz, um die Köpfe des Kinderpornorings endgültig aus dem Verkehr zu ziehen.
Wer waren die Täter?
Ein Immobilienmakler. Ein Polizist. Ein ergrauter Generalmajor. Viel mehr erfährt man nicht über die Dirigenten des Kinderpornorings. Die tauchen auf, dürfen ein paar Sätze sagen – und werden durch eine Kugel im Kopf wieder verabschiedet.
Diese Flüchtigkeit veranschaulicht zwar das komplexe System „Verbrecherring“, sie schadet aber dem eigentlich ganz großen Ende. Hier stellt Kommissar Eisner den Generalmajor vor die Wahl: Entweder lernt die unwissende Majors-Gattin per (gefälschtem) Video die Vorliebe ihres Mannes kennen oder „Sie regeln das Ganze wie ein Generalmajor“.
Eisner richtet selbst, wen das Justizsystem nicht richten will. Das ist eigentlich stark, vor allem weil der Kommissar nicht mehr benötigt als Worte, um den alten Mann in den Selbstmord zu treiben. Warum aber der bis dahin so gar nicht leichtgläubige Militär auf diese offensichtliche Finte hin sofort den Revolver zieht, willens auf bloßen Verdacht hin zu sterben? Bleibt ungeklärt.
Wie waren die Kommissare?
Auf Moritz Eisner hageln emotionale Schicksalsschläge ein. Die tote Ex steckt er unaufgeregt weg. Doch als seine Tochter wegen seines Falls bedroht wird, rastet Eisner aus. Den korrupten Kollegen, der Schuld trägt, prügelt er im Büro platt und spukt dabei ebenso viel Galle wie Morddrohungen auf den Teppich. Der stille Kommissar, am Ende seines Schweigens, ist dank Krassnitzers schauspielerischer Leistung der stärkste.
Ansonsten wird Eisner oft von seiner Kollegin überflügelt. Kriminalistisch hat Bibi Fellner zumindest in diesem Tatort die besseren Ideen und ist menschlich ohnehin nur schwer zu toppen. Als Zeichen für ihre unbedingte Coolness darf sie denn auch eine mit Flammen verzierte Zuhälterkarre fahren. Dass die bei der entscheidenden Verfolgungsjagd den Geist aufgibt, ist Bibi sofort wieder verziehen.
Stärkste Sätze?
„Umso beschissener das Klischee ist, desto wahrer ist es“, keift Eisner über die Korruption im eigenen Haus. Und Bibi freut sich nach der Suspendierung vom Polizeidienst wie über eine Beförderung. „Alle Freiheiten“ stünden den beiden Ermittlern jetzt offen. „Wir müssen sie nur nutzen.“
Fazit?
Es war zu viel von allem. Korruption und Kindesmissbrauch - diesen beiden großen kriminalistischen K’s gleichermaßen gerecht werden zu wollen, ist schon vermessen. Wenn dazu aber noch der Verlust einer Ex und eine Beinahe-Lähmung emotional aufgearbeitet werden sollen, reicht die Spielfilmlänge einfach nicht mehr aus. Das grummelnde Kommissaren-Duo schafft es zwar, die Auswirkungen ihrer käuflichen Kollegen zu verdeutlichen. Die Bosse des Kinderpornorings bleiben aber gesichtslos, schlimmer noch: ihre Opfer bleiben es auch. So aktuell „Abgründe“ auch erscheint – der neue Tatort leistet weder im Fall Edathy noch im Fall Natascha Kampusch Verständnishilfe.