Tanztruppe "Rockettes" mit neuer Show

New York - In schwarzen Leggins wuseln 36 junge Frauen durch die Trainingshalle. „Rockettes” steht in silberner Glitzerschrift auf ihren ärmellosen T-Shirts. „Und auf geht's”, ruft Choreografin Mia Michaels, und die Frauen stellen sich Arm in Arm in einer Reihe auf und nehmen Haltung an.
Mit Fernseh-Tanzshows ist Michaels in den USA bekannt geworden, jetzt macht sie die wohl berühmteste Mädels-Tanztruppe der Welt fit für eine neue Herausforderung. „Hoch die Beine!”
Normalerweise werfen die „Rockettes” um die Weihnachtszeit in der Radio City Music Hall mehrmals täglich ihre Beine synchron in die Luft, das seit mehr als 80 Jahren laufende „Christmas Spectacular” ist bei den New Yorkern extrem beliebt. Ab dem kommenden Mittwoch (15. Juni) soll es erstmals auch eine regelmäßige Sommer-Show mit Musik und Tanz geben - das „New York Spectacular”.
„Die Show feiert New York”, sagt die 30 Jahre alte Danelle Morgan, die aus dem US-Bundesstaat New Jersey stammt und schon in ihrer elften Saison bei den „Rockettes” tanzt. „Wir nehmen die Zuschauer mit in den Central Park, an den Times Square und die Wall Street. Es ist eine Geschichte über zwei Kinder, die bei einem Familienurlaub von ihren Eltern getrennt werden. Mit der Hilfe der 'Rockettes' erwachen die beiden steinernen Löwen vor der New Yorker Bibliothek zum Leben und führen sie zurück zu ihrer Familie.”
Der Anlauf für die neue Show, die auf einem Buch von Pulitzerpreisträger Doug Wright beruht, war holprig. Schon 2014 hätte das Spektakel, das damals noch „Heart and Lights” hieß, starten sollen, wurde dann aber nach riesiger Werbekampagne und mehr als 100 000 verkauften Tickets völlig überraschend wenige Tage vor der Premiere abgesagt. Es brauche „noch mehr Arbeit”, hieß es von der Produktionsfirma.
Nach dem Debakel sprang Filmproduzent Harvey Weinstein ein und finanzierte einen millionenschweren zweiten Anlauf. Das „New York Spring Spectacular” zog im vergangenen Frühling immerhin 300 000 Zuschauer in die Radio City Music Hall, aber die Kritiken waren verhalten. Das „New York Spectacular” mit Songs wie „Singin' in the Rain” und „New York, New York” ist eine komplett überarbeitete Version des Vorgängers - und soll im dritten Anlauf nun endlich den ersehnten Sommer-Erfolg bringen.
Seit Wochen bereiten sich die Tänzerinnen mit Choreographin Michaels auf die Show vor. „Wir proben sechs Stunden am Tag, sechs Tage die Woche”, erzählt die 27-jährige Mindy Moeller aus Kansas, die seit vier Jahren bei den „Rockettes” ist. „Die größte Herausforderung ist, dass wir viele Bewegungen lernen, die wir sonst nicht machen. Es ist moderner, mit mehr Hip-Hop zum Beispiel. Das ist eine echte Herausforderung, aber auch eine großartige Erfahrung, die uns noch enger zusammenrücken lässt.” In Form zu bleiben sei harte Arbeit, sagt „Rockettes”-Tänzerin Morgan. „Aber wir trainieren so hart, dass wir uns dann auch mal etwas gönnen können. Gestern hatten wir zum Beispiel Pizza.”
Einmal eine „Rockette” zu sein ist der Traum vieler junger Mädchen. Zum Vortanzen kommen jedes Jahr Hunderte. Die Auswahlbedingungen: Zwischen 1,70 und 1,80 Meter groß, mindestens 18 Jahre, Ausbildung in Ballett, Jazz- und Stepptanz, Dauerstrahlen. Nur, wer das alles hat, und sich gegen die vielen Mitbewerberinnen durchsetzt, darf auf der berühmten Bühne der Radio City Music Hall mit 6000 Zuschauerplätzen die Beine schwingen. „Ich hatte als Kind eine frühere 'Rockette' als Tanzlehrerin und wollte immer werden wie sie”, erzählt Tänzerin Morgan. „Dass ich jetzt wirklich hier bin, kann ich immer noch nicht ganz fassen.”
Die Mädels der „Rockettes” seien wie eine große Familie, sagt Morgan. „Wir verbringen so viel Zeit mit Proben und Shows, dass wir uns gegenseitig öfter sehen als unsere Familien, unsere Ehemänner oder unsere Freunde. Also ist es wichtig, dass wir uns gut verstehen, und das tun wir. Wir sind zum Beispiel immer alle bei den Hochzeiten der anderen eingeladen.”
Ein Höchstalter gibt es für die „Rockettes” nicht, die Dienstältesten sind seit bis zu 16 Jahren dabei. „Bei mir ist es ja erst das vierte, aber es ist eine Ehre für mich, Teil einer Gruppe von so starken Frauen zu sein”, sagt Tänzerin Moeller. „Ich habe meinen Traumberuf und übe ihn mit meinen besten Freundinnen aus - ich habe wirklich großes Glück gehabt. Und auch nach all dieser Zeit habe ich jedesmal, wenn ich aus der U-Bahn steige und die Radio City Music Hall vor mir sehe, wieder Schmetterlinge im Bauch.” (dpa)