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Staatsoper Berlin Staatsoper Berlin: Ein Haydn-Spaß hinter dem Mond

Von Matthias Frede 11.02.2002, 17:22

Berlin/MZ. - Dort hatte sich die Staatsoper mit dem international gefragten Pult-Spezialisten René Jacobs immerhin eines musikantischen Frontmannes versichert, der das im maroden Knobelsdorff-Bau avisierte vorklassische Repertoire ab 1994 zu beispielhafterSerienreife brachte. Frühe Meister wie Graun,Telemann, Cavalli, Händel, Hasse oder Scarlattierlebten ihre zumeist umjubelte Wiederentdeckungund bescherten dem Haus Unter den Linden einsinguläres Programm-Profil, das ihm ansonstennicht unbedingt attestiert werden kann.

Doch ach: Ausgerechnet dieser Leuchtturm wird definitiv abgeschaltet - vorgeblich aus finanziellen Gründen, obgleich es sich überwiegend um kostenteilige Koproduktionen handelt und interne Machtspiele des offenkundigen Erfolges wegen wohl eher zu vermuten sind. Der von Jacobs schon geplanteMonteverdi-Zyklus dürfte mithin eine schöneFata Morgana bleiben. So ist Joseph Haydnsbekannteste unter seinen unbekannten Opern,die musikalische Komödie "Il mondo della luna"nach Goldoni, als vorläufig letzter Versuchzum spätbarocken Schwanengesang bestimmt undbei gerade mal drei Saison-Premieren der Lindenopereigentlich nur eine halbe.

Denn das anlässlich einer Fürsten-Hochzeit 1777 im ungarischen Schloss Eszterháza uraufgeführte Lustspiel war vergangenen Sommer mit BerlinerOption und Teilhabe zunächst für die InnsbruckerFestwochen der Alten Musik inszeniert worden.An die Spree transferiert, bestätigt der leichtgewichtigeHaydn-Spaß auf sowie bisweilen auch etwashinter dem Mond vor allem seine vitalen Klang-Qualitäten:Dem funkelnden Witz der Partitur, ihren lyrischenund dramatischen Affekten, den turbulentenEnsembles, verspielten Instrumentalstückenund farbigen Rezitativen (Hammerklavier: Nicolaude Fugueiredo) verleiht René Jacobs wiederumberedsame rhetorische Kontur, munter musiziertvon der Berliner Akademie für Alte Musik.

Ohne vernünftige Striche, die das oft allzu träge Tempo des mehr als dreistündigen Täuschungsmanövers um Vater-Geiz, Töchter-Liebe und "mondäne" Mitgift-Hochzeit hoch drei beschleunigen würden, tritt der gezielte planetarische Welten-Wechsel allerdings häufig auf der Stelle und gerinntdann zum betulichen Komödienstadl.

Da ist selbst das solide bis exzellente Solisten-Septett zeitweilig auf verlorenem Posten, wobei sich wenigstens drei stimmlich herausragende Protagonisten den hellen Premieren-Jubel redlich verdient haben: Silvia Tro Santafé mit opulentem Mezzosopran als widerborstige Dienerin Lisetta, IrideMartinez als unbotmäßig kokette Tochter Flaminiaund Kobie van Rensburgs falscher astrologischerDrahtzieher Ecclitico.

Im übrigen gehen Regie (Karoline Gruber) und Ausstattung (Frank Philipp Schlößmann) durchauskonform, indem sie - mal wieder - eine ebensounbestimmte wie dröge Gegenwart bemühen unddie spielerische Leichtigkeit der sensibelvertonten Commedia dell'arte mit schwerenEntertainment-Geschützen erledigen, plakativeAlbernheiten inklusive.

Ramponiertes Mobiliar und allerlei Gerümpel zwischen hohen, ruinösen Tapetenwänden fürdie väterliche Spießer-Szenerie, Slapstickund simple Popshow-Einlagen, einfallslosesTransvestiten-Dekor zur mondsüchtigen Exotikà la Weltraum-Ballermann: So gerät eine italienische Buffa-Empfehlung alsbaldins seichte Comedy-Fahrwasser. Und dies magüber das vorzeitige Ende einer exponiertenBerliner Opern-Serie um so schneller hinwegtrösten.Barock zieht weiter. Aber wohin wirklich?

Nächste Aufführungen: 13. und 15. Februar, 19.30 Uhr, sowie 17. Februar, 16 Uhr.