Spanien Spanien: «Es reicht, wenn die Zuschauer weinen»

Madrid/dpa. - Als sie die Verdächtigen abführen, kommt esin einem Hauseingang plötzlich zu einer Rangelei, es fallen mehrereSchüsse. Ein Beamter wird getroffen und stirbt. Einer derFestgenommenen, der 25-jährige Salvador Puig Antich, erleidet schwereVerletzungen. In einem Schnellverfahren wird er von einemMilitärtribunal wegen Polizistenmordes zum Tode verurteilt. DasUrteil wird am 2. März 1974 vollstreckt.
Puig Antich war der letzte Gegner des Franco-Regimes (1939-1975),der mit dem alten, grausamen Verfahren der Garrotte (Würgschraube)hingerichtet wurde. Gut 32 Jahre später hat der Fall in Spanien eineneue Aktualität erlangt. Die Schwestern des Anarchisten habenerreicht, dass der Oberste Gerichtshof sich des Todesurteils vondamals erneut annimmt und prüft, ob der Fall neu aufgerollt wird.
Und nicht nur das: In den Kinos läuft der Film «Salvador» überLeben und Tod des Anarchisten. «Die Hinrichtung war ein Justizmord»,meint der Regisseur Manuel Huerga, der für seinen Polit-Thriller imStil eines Costa-Gavras-Films bei den Filmfestspielen in Cannes vielBeifall erhielt. «Wir begleichen damit eine alte Schuld. Salvadorverkörpert den Idealismus und den Widerstand gegen die Diktatur.» Eindeutscher Start des Streifens steht noch nicht fest, da noch keinVerleih gefunden wurde.
Die Titelrolle spielt der Deutsche Daniel Brühl, der mit «Goodbye, Lenin!» den großen Durchbruch geschafft hatte. «Ich habe immerdavon geträumt, in einem spanischen Film aufzutreten», sagte der Sohneines deutschen Regisseurs und einer spanischen Lehrerin der Zeitung«La Vanguardia». Von dem Fall Puig Antich habe er mal gehört, aberwenig darüber gewusst. «Manuel (Huerga) gab mir alle Bücher, diedarüber verfügbar waren.»
Brühl, der in Barcelona geboren wurde und akzentfrei Spanisch undKatalanisch spricht, stellt den jungen Anarchisten als einensympathischen, lebensfrohen und extrovertierten Menschen da.«Salvadors Organisation MIL (Iberische Befreiungsbewegung) ist etwavergleichbar mit den Autonomen und Systemgegnern der heutigen Zeit»,erläutert der Regisseur. Puig Antich und seine Genossen legten keineBomben. Sie überfielen Banken, und mit dem erbeuteten Geld halfen siestreikenden Arbeitern und finanzierten einen Verlag für politischeSchriften.
Das Verfahren gegen den Anarchisten hatte mit einem fairen Prozesswenig zu tun. Die Diktatur von Francisco Franco lag damals in ihrenletzten Zügen. Vor Beginn des Prozesses wurde der Regierungschef LuisCarrero Blanco bei einem Bombenanschlag getötet, und da wollte dasRegime noch einmal Härte beweisen. Die Waffen der Polizisten, die ander Schießerei beteiligt waren, sowie Kugeln und Patronenhülsenkonnten vor Gericht als Beweismittel nicht vorgelegt werden, weil sieverschwunden waren. Ein Belastungszeuge war in Haft gefoltert worden.Die Anwälte der Familie Puig Antich argumentieren: Die tödlichenSchüsse auf den Polizisten könnten auch von dessen Kollegenabgefeuert worden sein. Zudem habe der schwer verletzte Salvadornicht gezielt geschossen, sondern nur blind um sich gefeuert, um sichder Angriffe zu erwehren.
Das Ende des Films - die Hinrichtung von Puig Antich mit demWürgeisen - ist so traurig, dass der Regisseur nach den Worten vonDaniel Brühl seine Schauspieler bitten musste: «Haltet die Tränenzurück. Es reicht, wenn die Zuschauer weinen.»