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Schlöndorff als Regisseur für «Die Päpstin» gefeuert

23.07.2007, 14:05

München/dpa. - Volker Schlöndorff (68) wollte ein Plädoyer halten für das reine Kino - nun hat sich die Münchner Filmfirma Constantin von dem Oscar-Preisträger als Regisseur des Films «Die Päpstin» getrennt.

«Wir sind nicht glücklich darüber, wir hätten den Film gerne mit ihm gemacht», sagte der Vorstand Produktion der Constantin Film, Martin Moszkowicz am Montag. Der Schaden sei aber zu groß. Schlöndorff («Die Blechtrommel») hatte die Vermarktungsmechanismen von Kinofilmen als TV-Mehrteiler in der «Süddeutschen Zeitung» als künstlerisch problematisch kritisiert - und damit in eine längst laufende Debatte in der Branche eingegriffen. Schlöndorff: «Es geht um Ästhetik und Kunst, aber auch um Geld, viel Geld.»

Derzeit werden zwei weitere Kino-Filme auch für eine Auswertung als TV-Zweiteiler gedreht: «Anonyma» von Max Färberböck und der «Baader-Meinhof-Komplex» von Uli Edel. Schon jetzt gilt der deutsche Kinofilm im Ausland gelegentlich als «vorab gezeigter Fernsehfilm». Die Kinomacher sehen mit Argwohn Bemühungen des Fernsehens, sich noch schneller Zugriff auf Kinofilme zu verschaffen, nämlich über eine Verkürzung der Sperrzeit bis zur Aussendung im TV. Fernseh-Leute verteidigen die Entwicklung. «In welcher Welt lebt Volker Schlöndorff eigentlich, wenn er heute für eine Trennung von Film und Fernsehen plädiert», fragte der Präsident der Deutschen Filmakademie, Günter Rohrbach, der unter anderem das ebenfalls mehrfach verwertete «Boot» produziert hatte, in der «SZ».

Schlöndorff hatte angeprangert, dass Kinoprojekte unter Ausnutzung von Filmfördermitteln in Koproduktion mit dem Fernsehen entstehen, im Kino laufen, dann zu TV-Mehrteilern umgearbeitet und als Director's Cut vermarktet werden. «Keine einzige Sequenz kann mehr mit der für den Spielfilm erforderlichen Sorgfalt gedreht werden, immer heißt es, für die Fernsehfassung ist das gut genug. Es ist eben ein "Verschnitt" in dem Sinne, wie das Wort bei Weinpanscherei verwendet wird, jedenfalls kein "Grand Cru"», kritisierte der Regisseur.

Das ging Constantin zu weit - auch bei der «Päpstin» soll es eine zweiteilige TV-Fassung geben. «Wir sind in laufenden Finanzierungsgesprächen für die Produktion - und Schlöndorffs Meinung zu der Art und Weise, wie der Film hergestellt wird, war da richtig kontraproduktiv», sagt Moszkowicz. Es gebe unterschiedliche Aggregatzustände und eine «Auswertungskaskade», in der ein Kinofilm zuerst für Video und dann fürs Fernsehen angepasst werde.

Unumstritten ist das nicht. «Die Betrachtung von Volker Schlöndorff gibt den wichtigen Aspekt wieder, dass mit einer unterschiedlichen Lauflänge auch eine unterschiedliche Dramaturgie verbunden ist», sagt der Geschäftsführer des Bundesverbandes Regie (BVG), Steffen Schmidt-Hug. Im Kino gebe es mehr Totalen, es werde mehr mit Bildern gearbeitet, im TV gebe es mehr Naheinstellungen und die Dramaturgie sei mehr dialogorientiert. «Aus ein und dem selben Material die unterschiedlichen Anforderungen von TV und Kino zu erfüllen, gleicht der Quadratur des Kreises - es wird kaum ein Jahrhundertwerk herauskommen wie die "Blechtrommel".» Immer häufiger sei ein Kinofilm ohne TV nicht finanzierbar - dafür werde eine «Primetime-Fähigkeit des deutschen Kinofilms» verlangt.

Constantin kritisiert, Schlöndorff habe sich in dreieinhalb Jahren der Zusammenarbeit an «Die Päpstin» kein einziges Mal kritisch über die Finanzierung geäußert. «Wenn ich gewusst hätte, dass er so ein großes Problem hat, hätten wir uns wahrscheinlich nicht auf eine Zusammenarbeit eingelassen», sagt Moszkowicz. Schlöndorff argumentiert dagegen in der «SZ» vom Montag, er habe sich bei der «Päpstin» mit der Doppelform abgefunden - immerhin hat er sieben Jahre Vorbereitung in das Projekt gesteckt.

Bei der «Päpstin» nach dem halbfiktiven Roman von Donna Cross geht es um die Päpstin Johanna, die im 9. Jahrhundert verkleidet als Mann zum Papst gewählt worden sein soll - Constantin will den Film auch ohne Schlöndorff realisieren. Die Dreharbeiten sollen 2008 beginnen, bis Sommer 2009 soll der Streifen in die Kinos kommen. Moszkowicz: «Wir beginnen jetzt Gespräche mit anderen Regisseuren - es gibt eine Reihe von Kandidaten, die sich schon bei uns gemeldet haben.»