Satiricum Greiz Satiricum Greiz: Schatzgrube für Karikaturen-Fans

Greiz/dpa. - Die kleinen Zeichnungen können politischenSprengstoff bergen und manchen Machthaber die Zornesröte ins Gesichttreiben. Als es in den 1970er Jahren darum ging, in der DDR einenationale Karikaturensammlung zu etablieren, fiel daher die Wahlnicht auf Berlin oder Leipzig, sondern auf das ostthüringische Greizfernab vom großen Politik- und Kulturbetrieb. Fortan wurde die Stadtzu einer Pilgerstätte der Karikaturisten und Liebhaber dieser Kunst- und ist es bis heute. Neben Blättern aus dem 17., 18. und 19.Jahrhundert gehören mehr als 10 000 Karikaturen aus der Zeit nachdem Zweiten Weltkrieg zur Sammlung des Satiricums. Im kommenden Jahrlädt es wieder zur großen Karikaturen-Triennale.
«Das Interesse an der Karikatur ist in den vergangenen Jahrengestiegen», berichtet die Direktorin der Staatlichen Bücher- undKupferstichsammlung in Greiz, Eva-Maria von Máriássy. Das zeige sichan der großen Resonanz etwa auf den Deutschen Karikaturenpreis(Dresden) oder daran, dass neue Karikaturenmuseen entstehen. Auchdas aktuelle Zeitgeschehen gebe den Künstlern immer wiederSteilvorlagen. Ein Beispiel: die Gier der Banker und die weltweiteFinanzkrise. «Auf so etwas stürzen sich Karikaturisten wie dieGeier.»
Doch zugleich sind diese tagesaktuellen Zeichnungen eine leichtverderbliche Ware. Schon wenige Jahre später fehlt dem Betrachterder Zusammenhang, um die Pointe auf Anhieb zu verstehen. Dennoch hates sich das Haus zum Ziel gesetzt, Karikaturen zu sammeln und fürkommende Generationen zu erhalten - und hebt sich damit von vielenanderen Karikaturenschauen ab. Außerdem ist es ein Museum, in demgelacht werden darf.
«Das Medium der Karikatur wird noch immer von vielen Museenstiefmütterlich behandelt», erläutert der Direktor des DeutschenMuseums für Karikatur und Zeichenkunst «Wilhelm Busch» in Hannover,Hans Joachim Neyer. Sammlungen wie die seines Hauses und des GreizerSatiricums werden seiner Einschätzung nach in Zukunft an Bedeutunggewinnen. Denn Karikaturen entstehen heute großteils am Computer.«Die Arbeit auf Papier verschwindet.» Doch genau aus diesem Stoffsind die teils schon jahrhundertealten Schätze, die diese Häuserpflegen. Zu den wichtigsten Karikaturmuseen im deutschsprachigenRaum zählt er neben denen in Hannover und Greiz auch das Museum imösterreichischen Krems und das Baseler Cartoonmuseum.
Die abgeschiedene Lage verhalf den Ausstellungsmachern in Greizzu DDR-Zeiten zu mehr Freiheiten. «Man konnte hier Sachen an dieWand hängen, dafür wäre man in Berlin wahrscheinlich ins Gefängnisgekommen», sagt die aus Bayern stammende Museumsdirektorin. So wirdvon einem «kreativen Umgang» mit der DDR-Zensur berichtet. Als Köderfür die Inspektoren sei mitunter absichtlich eine besondersprovokative Zeichnung aufgehängt worden. Auf diese hätten sich dieZensoren dann gestürzt, alles andere durfte dafür hängen bleiben.
Seit der Wiedervereinigung hat sich das Satiricum zu einerbundesdeutschen Institution entwickelt. Die Sammlung wurde aufwestdeutsche Künstler ausgeweitet und es gab Kooperationen etwa mitdem Wilhelm-Busch-Museum. Dass es auch im Westen anerkannt ist,zeigen Schenkungen von Künstlern wie Walter Hanel, der dem Museumseine Wendekarikaturen überlassen hat. «Und zu den Triennalen kommtlängst nicht mehr nur die alte DDR-Riege», betont Máriássy.
Dennoch hat das Museum zu kämpfen. Verhalf die Lage in derProvinz einst zu mehr Freiheit, ist sie heute eher ein Hindernis fürBesucher aus der Ferne. Zudem wird seit 2005 am Sommerpalais gebaut.Zwar hatte das Museum trotzdem fast immer geöffnet, doch viele Gästeließen sich von Gerüsten und Baulärm abschrecken. Dafür finden dieKarikaturenschauen nun im frischsanierten Gartensaal desfrühklassizistischen Palais Platz. Bis Herbst sollen die letztenArbeiten abgeschlossen sein und dann wieder mehr Ruhe einkehren.
«Das Schiff ist aus dem Hafen und jetzt bringen wir es auf Kurs»,beschreibt Máriássy die Situation des Satiricums. «Unser Ziel ist,es so bekanntzumachen, dass die vielen Interessierten die langeAnreise gern in Kauf nehmen.» Die aktuelle Schau mit Karikaturen vonHarald Kretzschmar, der das Satiricum 1975 mitbegründet hat, istnoch bis Anfang Juni zu sehen. Danach folgt ab 11. Juni dieAusstellung «Kunst & Co» mit Arbeiten von Gerhard Glück. Und 2012steht mit der nächsten Karikaturen-Triennale wieder einebundesdeutsche Leistungsschau auf dem Gebiet der Karikatur in Greizauf dem Programm.