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Frech und erotisch Sängerin Dorit Gäbler wird 75 - Frech und erotisch im Ruhestandsalter

05.01.2018, 07:00
Schauspielerin und Chansonnière Dorit Gäbler in Moritzburg. 
Schauspielerin und Chansonnière Dorit Gäbler in Moritzburg.  dpa-Zentralbild

Moritzburg - „Ohne die Bühne würde ich sterben.“ Ruhestand ist für Chansonnière Dorit Gäbler kein Thema. Offiziell ist die aus DDR-Film und -Unterhaltung bekannte Schauspielerin, Moderatorin und Sängerin, die am Dienstag (9. Januar) ihren 75. Geburtstag feiert, längst in Rente. Tatsächlich tourt die attaktive Blondine mit den gefärbten Haaren mit zehn verschiedenen Programmen durch den Osten - von „Starke Frauen“ bis „Verliebt, verlobt, verschwunden“. Auch nach 50 Jahren hat sie dabei noch Lampenfieber - jedesmal.

Die 1943 in Plauen (Vogtland) geborene Künstlerin musste sich ihren Traumberuf Schauspielerin hart erkämpfen. Nach zwei älteren Brüdern hatte ihre alleinerziehende Mutter keine Kraft mehr, den Berufswunsch ihrer hübschen Tochter zu unterstützen - und kein Verständnis. „Mit Todesmut bin ich nach Berlin“, erinnert sich Gäbler an den Sprung ins kalte Wasser. Die ausgebildete Gebrauchswerberin finanziert ihr Leben mit Modeln und erfährt über ein Mannequin, dass das DDR-Filmunternehmen DEFA junge Mädchen sucht.

Dorit Gäbler: Ruhestand ist kein Thema

Sie bewirbt sich stattdessen an der Filmhochschule in Potsdam und an der Berliner Schauspielschule „Ernst Busch“. Schon im Studium singt sie Selbstkomponiertes in Kindergärten und Altersheimen - und macht erste Schritte auf der Bühne: an Deutschem Theater und Volksbühne. „Ich wollte spielen“, begründet sie ihren Weggang ins damalige Karl-Marx-Stadt. Ihre erste Rolle 1967: die Eliza in „My Fair Lady“. Sie sagt: „Das hat mir so viel gegeben.“

1968 bis 1978 gehört Gäbler zum Ensemble der Dresdner Staatstheater und dreht Kinofilme wie „Nicht schummeln, Liebling“ (1972), „Orpheus in der Unterwelt“ (1974) oder für den „Polizeiruf 110“ im Fernsehen. 1987 gehört sie zum Cast einer deutsch-österreichischen Koproduktion in Regie von Franz Antel, neben Karin Dor, Zsa Zsa Gabor und Rolf Hoppe. Auch in der DDR-TV-Unterhaltung ist die vielseitige Künstlerin präsent: Sie bezirzt Kabarettist Rolf Herricht, flirtet mit Tigern und tanzt im „Kessel Buntes“ mit einer echten Boa Constrictor.

„Ich war ausgebucht, gab 200 Konzerte pro Jahr“

Als ihr das Theater ein prominentes Filmrollen-Angebot vermasselt und ihr keine Charakterrollen gibt, kehrt sie der Bühne den Rücken. „Ich war nur noch die Geliebte vom Dienst.“ Gäbler sucht sich eine Band, lernt Blues singen, gewinnt nationale Wettbewerbe und damit Mut, ihr Geld freischaffend auch mit ihrer satten Altstimme zu verdienen. „Ich war ausgebucht, gab 200 Konzerte pro Jahr“, erzählt Gäbler, die idyllisch über dem Lößnitzgrund im Örtchen Friedewald lebt.

Bereut hat sie ihre Entscheidung für die Bühne nie. „Ich bin mit mir im Reinen, mit einer Ausnahme“, sagt die Sächsin. In den '70er Jahren berichtete sie auf Drängen der Stasi, die sie als IM führte, über ihre Auslandsaufenthalte. „Ich war naiv.“ Als sie in den Dresdner Stadtrat gewählt wurde, offenbarte sie dies und entschuldigte sich. „Ich habe nie Jemanden denunziert“, betont sie. Die Angebote blieben trotzdem aus.

Gäblers Abschied von den Bühnen steht weit in den Sternen

Marlene Dietrich war ihre Rettung. Zweieinhalb Jahre sang sie jede Woche mit Leidenschaft deren Lieder, in weißem Frack und Zylinger, in der Kneipe ihres Mannes. Damit und einer Hommage an Hildegard Knef kämpfte sie sich zurück auf die Bühne. Die Diven-Abende gehören nach wie vor zum Repertoire der Chansonnière, wie Frivol-Erotisches und Kabarett. Das jüngste Stück „Verliebt, verlobt, verschwunden“, für das sie die Musik schrieb, soll aber das letzte sein.

„Den Schlusspunkt setze ich als Schauspielerin“, sagt sie in ihrer charmant-fröhlichen Art. Der Abschied steht weit in den Sternen, denn Gäbler nimmt das Älterwerden inzwischen sehr gelassen. „Ich gehe auf die 60 zu, nur von der verkehrten Seite“, witzelt sie. Mit Yoga und Sit-ups jeden Morgen, Spaziergängen und Schwimmen hält sich die Zweifach-Oma fit, die beruflich gerne mal Mütter spielt - wie im Herbst neben Timothy Peach im „Jedermann“ in Potsdam. (dpa)