Russland Russland: Leo Tolstoi - Weltliteratur eines Zerrissenen

Berlin/dpa. - Beseelt von tiefem Gottesglauben stand erStaat und Kirche als Gegner gegenüber. Er propagierte eine ArtUrchristentum und wurde aus der orthodoxen Kirche ausgeschlossen.Selbst voller sinnenfroher Vitalität, predigte er auch EheleutenEnthaltsamkeit.
Am 9. September 1828 wurde Tolstoi auf dem väterlichen Gut JasnajaPoljana 200 Kilometer südlich von Moskau geboren. Er studierteorientalische Sprachen und Jura. Von 1851 bis 1856 war er Offizierder Kaukasus-Armee. Er unternahm zwei Auslandsreisen, die ihninnerhalb von vier Jahren in die Schweiz, nach Frankreich, Italien,Deutschland und England führten. 1862 heiratete er die ArzttochterSofja Bers. Das Paar lebte auf dem Gut, wo Tolstoi Bauernkinderunterrichtete.
Als sein Hauptwerk gilt das Epos «Krieg und Frieden» (1869). Vordem Hintergrund der napoleonischen Kriege beschreibt Tolstoi dieGeschichte dreier Adelsfamilien. Er vertritt darin die These, dassPersönlichkeiten nicht die Macht der Geschichte beeinflussen können.In der Ehetragödie «Anna Karenina» (1873-76) bekennt er sich zur Ideeder Familie. Der kritische Zeitroman über die russische Oberschichtbeschreibt den Ausbruch aus einer Ehe und seinen tragischen Ausgang.
Neben späteren Erzählungen wie «Der Tod des Iwan Iljitsch» (1886)und «Die Kreutzersonate» (1890) haben vor allem Tolstois Dramen diespäten Schaffensjahre geprägt. Am Ende seines literarischen Schaffenssteht der Roman «Auferstehung» (1899). Darin ändert Fürst Nechljudowsein Leben im Geiste Jesu Christi und findet seinen inneren Frieden.Tolstoi starb am 20. November 1910 als 82-Jähriger auf demProvinzbahnhof Astopowo.