«Ritter, Dene, Voss» in Neuinszenierung
Berlin/dpa. - Ulrich Matthes konnte nur Zweiter werden, als das von Thomas Bernhard (1931-1989) für drei bestimmte Schauspieler geschriebene Stück «Ritter, Dene, Voss» in den Kammerspielen des Deutschen Theaters (DT) in Berlin in einer Neuinszenierung über die Bühne ging.
Zu groß ist selbst für den Star des Deutschen Theaters, der hier unter anderem in «Wer hat Angst vor Virginia Woolf?» brilliert, der Schatten des Rollen-«Urbildes» Gert Voss als Ludwig. Dennoch gab es in Berlin schließlich starken Beifall für das gesamte Ensemble.
Claus Peymann hatte das Familiendrama über den scheinbar wahnsinnig gewordenen Philosophen und seine beiden Schwestern mit biografischen Anspielungen auf Ludwig Wittgensteins Leben 1986 bei den Salzburger Festspielen mit Ilse Ritter, Kirsten Dene und Gert Voss uraufgeführt. Später holte er es auch in dieser Besetzung an sein Berliner Ensemble, einem Steinwurf weit vom DT in Berlin-Mitte.
Jetzt wagte sich der DT-«Interimsintendant» Oliver Reese (bis Ulrich Khuons Amtsantritt im Sommer 2009) an eine Neuinszenierung mit Constanze Becker und Almut Zilcher, wobei er das ziemlich redselige Kammerspiel von ursprünglich dreieinhalb Stunden auf knappe zwei Stunden Spieldauer reduzierte. Aber auch im Bühnenbild herrscht Kargheit vor, gespielt wird unter Einbeziehung der nackten Hinterbühne vor leerem Hintergrund auf einem weißen Podest mit Esstisch und drei Stühlen. Das Wohnzimmer im gemeinsamen Elternhaus in einem Wiener Villenviertel, für Bernhard ein wichtiges Pendant zu seiner altvertrauten Suada über die «Idioten und Dummköpfe allerorten» und am Theater im besonderen, muss sich der Zuschauer dazu denken. Ein Denkfehler und Handicap in der Inszenierung.
Matthes («Der Untergang») bleibt für seine Verhältnisse relativ blass. Er hat nur wenige Momente der echten Verzweiflung über den eigentlichen Wahnsinn der Welt, der ihn als «einzigen nicht Entmündigten» in die Heilanstalt gebracht hat, aus der ihn seine beiden Schwestern jetzt geholt haben. Sie reagieren an ihrem Bruder ihre eigenen Lebensenttäuschungen ab. «Meine Schwestern sind meine Zerstörerinnen. Verwandtschaft bedeutet Tod», sinniert Ludwig. Er vertritt auch Thomas Bernhards Lieblingsthese: «Nur wenn wir krank sind, sind wir glücklich» und «Alles geht uns auf die Nerven schließlich». Vielleicht hat auch das Stück seine gesellschaftliche Sprengkraft längst verloren, wenn selbst so renommierte Schauspieler daraus nicht mehr wirkliche Funken schlagen können.