Rap Rap: Sido zeigt sein wahres Gesicht
Berlin/dpa. - Sido alias Paul Würdig ist der Star der deutschen HipHop-Szene, auch wenn das den Jugendschützern nicht gefällt.
Bevor Sido 2001 von dem neu gegründeten Label Aggro-Berlin unter Vertrag genommen wurde, nahm er seine Rap-Stücke gemeinsam mit seinem Kumpel B-Tight noch auf Kassette auf. Sein Studio lag in einem ehemaligen Bordell in Schöneberg. «Das war ein Loch», erzählt Sido im dpa-Gespräch. Die Texte, die dort entstanden, passten zum Ambiente. In dem Debütalbum «Maske» ging es vor allem um Sex und die Drogen, die er in seinem «Block» zwischen den Hochhäusern des Märkischen Viertels in Berlin-Reinickendorf konsumiert hat. Im Musikvideo tummelten sich Dealer mit Kampfhunden, Prostituierte und andere Gestrandete zwischen Hochhausschluchten. Die Bronx ließ grüßen.
«Man kann den Dingen eine gewisse Härte nicht absprechen», resümiert das Enfant terrible, das nun ein Gesicht hat. Ohne Maske sieht der 26-Jährige fast ein bisschen aus wie Schwiegermamas Liebling, wären da nicht die Tätowierungen am Hals, randlose Brille, Turnschuhe, Baseballkappe und Dreitagebart. Er sitzt im neuen Aggro-Büro in Kreuzberg, das mit ihm «richtig krass expandiert» ist, wie Sido es formuliert. Klar seien die Texte «auf die Spitze getrieben». Wie viel Selbstironie in ihm steckt, zeigt seiner Meinung nach die Kreuzigungsszene in «Steh auf». «Ich war damals der HipHop-Jesus. Ich bin ans Kreuz für all eure Sünden», meint er grinsend. Sido ist die Abkürzung für «Super intelligentes Drogenopfer».
Dass der harte Sozialrealismus in Sidos Getto nur aufgeputschte HipHop-Attitüde mit Showqualität sein soll, nehmen ihm Eltern und Bundesprüfstelle nicht ab. Seine Lieder stehen regelmäßig auf dem Index für jugendgefährdende Medien. «Alles Quatsch», ärgern sich Sido und Aggro-Berlin. So sei nun mal die Realität im Block. Indiziert wurde (bislang) nur ein Lied: «Endlich Wochenende», in dem der medial zum Gangsterrapper mutierte Straßenjunge skandiert, Joints, Pillen, Koks und Hochprozentiges zu genießen. Trotzdem: «Ein Gangsterrapper bin ich garantiert nicht», versichert er.
Also alles nur Popkultur und Imagepflege? Die SPD-Kulturpolitikerin Monika Griefahn konnte er nicht von seiner Unschuld überzeugen. Im Sommer 2005 saß er in ihrem Bundestagsbüro und diskutierte über Frauenfeindlichkeit und Gewaltverherrlichung. «Ich war damals das Aushängeschild des HipHop. Sie musste mich einladen.» Griefahn habe vorgeschlagen, über Liebe zu singen, um den romantischen Bedürfnissen der Mädchen gerecht zu werden.
Was die Verherrlichung von Drogen angehe, habe er seine «Hände reiner gewaschen als ich sie hätte waschen müssen», sagt Sido. «Wenn Leute nicht zwischen den Zeilen lesen können, mach ich's noch deutlicher.» Am Ende von «Ich kiff' nicht mehr», was zumindest ein guter Vorsatz ist, warnt er: «Kinder, nehmt euch kein Beispiel an mir.»