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Quedlinburger Glaswerkstätten Quedlinburger Glaswerkstätten: Kunsthandwerk zwischen Antike und Moderne

Von Sabrina Gorges 30.09.2003, 05:54
Die Glasmalerin Sandra Schischkowski und der Glaser Roland von Homeyer fachsimpeln am 16.09.2003 in der Werkstatt der Firma Schneemelcher in Quedlinburg über ein zu restaurierendes Kirchenfenster. (Foto: dpa)
Die Glasmalerin Sandra Schischkowski und der Glaser Roland von Homeyer fachsimpeln am 16.09.2003 in der Werkstatt der Firma Schneemelcher in Quedlinburg über ein zu restaurierendes Kirchenfenster. (Foto: dpa) ZB

Quedlinburg/dpa. - Vorsichtig hält Roland von Homeyer einen Teil eines braun schimmernden Spitzbogenfensters in die Höhe. Die Zeit hat Spuren auf dem kostbaren, bleiverglasten Fenster hinterlassen: Hier und da fehlt ein Stück der kleinen, reich verzierten Scheiben und die Bleihalterungen sind beschädigt. Der Glaser und seine 22 Kollegen der Glaswerkstätten Schneemelcher in Quedlinburg wollen diesem hundert Jahre alten Schmuckstück wieder seinen alten Glanz zurückgeben. Der 1886 gegründete Familienbetrieb hat zudem Bauverglasungen, künstlerische Glasarbeiten, Glasmalereien sowie Glasreparaturen an Möbeln im Angebot.

   Etwa zwei Millionen Euro Umsatz erwartet der Inhaber des Traditionsbetriebes, Frank Schneemelcher, für dieses Jahr. «Seit 13 Jahren haben wir jedes Jahr einen Umsatzanstieg verzeichnet.» Für ihn sind vor allem die sehr gut qualifizierten Mitarbeiter für das Wachstum des Unternehmens verantwortlich. Für Mitarbeiter Roland von Homeyer ist sein Beruf auch Leidenschaft. «Das Aufgabengebiet eines Glasers ist so attraktiv», erzählt er. «Wir sind in der Lage, Licht zu gestalten.»

Aufträge aus der Hauptstadt haben für den Familienbetrieb derzeit eine ganz besondere Bedeutung: Im April 2002 bekam das Unternehmen den Zuschlag für die Restaurierung des insgesamt 140 Meter langen Mosaikreliefs am «Haus des Lehrers». Seit Juli vergangenen Jahres werden rund 800 000 Steinchen aus Glas, Keramik und Metall in der Harzstadt aufgearbeitet.

   Regelmäßig fahren Mitarbeiter nach Berlin und tragen mit Hilfe eines speziellen Papier-Stoff-Kleber-Gemisches einzelne Fragmente des 800 Quadratmeter großen Bildes ab, um es dann in der Werkstatt zu bearbeiten. «Als wir unser Konzept für dieses denkmalgeschützte Wandmosaik einreichten, lagen Monate voller Arbeit hinter uns», erzählt Schneemelcher. «Wir wollten nicht einfach nur reparieren, sondern rekonstruieren und restaurieren.» Etwa die Hälfte der so genannten Bauchbinde mit typisch sozialistischen Motiven wie Friedenstaube und Arbeiterfahne sind schon wieder montiert. Bis zum Ende des Jahres soll der Auftrag erfüllt sein.

   Auch die Zusammenarbeit mit Künstlern aus dem gesamten Bundesgebiet ist ein wichtiges Standbein. «Sie benötigen für die Umsetzung ihrer Werke eine Glasmanufaktur, die in der Lage ist, ihre Ideen vollständig umzusetzen», betont der Inhaber. Dafür haben Schneemelchers in den vergangenen Jahren große Summen investiert. Erst vor drei Monaten wurden rund 100 000 Euro für eine spezielle Sandstrahlmaschine ausgegeben, die es möglich macht, Glas in allen Varianten zu mattieren.

Die Wünsche der Kunden unterscheiden sich manchmal deutlich: Moderne, isolierende Doppelglasscheiben werden in dem Unternehmen ebenso reich verziert, wie alte Fensterscheiben in denkmalgeschützten Fachwerkhäusern oder Kirchen. Familienerbstücke wie glasverzierte Schränke oder Spiegel bekommen ebenfalls ihr altes Aussehen zurück.