Pressestimmen zu "Wetten dass..?" Pressestimmen zu "Wetten dass..?": "Der traurigste Abgang seit Winnetou"

Der Auftritt von Tom Hanks bei "Wetten, dass..?" ist einer der Tiefpunkte in der Ära Markus Lanz. Der Hollywood-Star, der mit einer Katzenmütze auf dem Kopf herumlaufen musste, lästerte sich nach der Sendung den Frust von der Seele. Noch nie vor "Wetten, dass..?" habe er sich gewünscht, dass etwas schneller vorbei gehe als der US-Wahlkampf. In den USA wäre jeder Verantwortliche einer solchen vierstündigen Fernsehshow "am nächsten Tag gefeuert" worden, zeigte sich Hanks überzeugt.
Die Prognose von Hanks hat sich nun mehr oder minder erfüllt. Doch wer ist Schuld am Niedergang des ehemaligen Aushängeschilds deutscher Fernsehunterhaltung? Eine Presseschau:
Lanz macht eigentlich alles wie sein Vorgänger, also richtig. Nur: Richtig ist zu wenig, wenn nichts davon wie Gottschalk instinktiv durchs lose Mundwerk entweicht, sondern am Stock vorbei dem Hintern. Auch in Offenburg vermittelte Markus Lanz stets den Eindruck, ein Souffleur flüstere ihm ein, nach der verpatzten Wette jjjjetzt den Kopf des traurigen Jungen zu tätscheln und im Modegespräch mit dem Modeguru Guido Maria Kretschmer "Hirsch-" statt "Arschgeweih" zu sagen. Genau diese stahlbetonlockere Lässigkeit kennzeichnet seit Lanz' Antritt vor 18 Monaten den traurigsten Abgang der Fernsehgeschichte seit dem Tod von Winnetou: Europas einst größte Unterhaltungssendung ist tot und schlimmer noch: Keiner scheint darüber zu trauern.
Das ZDF habe beweisen wollen, dass der Show-Oldtimer noch zeitgemäß sei. Markus Lanz habe von Anfang an keine Ahnung gehabt, welchen Gang er dafür einlegen müsse. Jetzt sei der Motor abgesoffen. Das Aus sei einleuchtend – die Sender seien einfach zu arm an Ideen. Der Show-Bus ruckelte und holperte zwar schon, als ihn noch Thomas Gottschalk fuhr. Der hatte lange Zeit Vollgas gegeben, mit lauter Musik und offenem Fenster, saß am Ende jedoch so unkonzentriert hinterm Steuer wie ein Opa mit Hut. So richtig soff der Motor aber erst bei Markus Lanz ab, der von vornherein nie wusste, welchen Gang er einlegen muss, um geschmeidig durch den Abend zu cruisen. (...) Das größte Problem war, dass Lanz selbst die Bühne nicht ausfüllte. Je mehr er strampelte, desto weiter entfernte der Talker sich von dem Ziel, Showmaster zu sein. Meist sah es aus, als würde jemand "Wetten, das..?" nachspielen. Selbst Hollywood-Stars wirkten auf der Couch wie geschrumpft. Und wenn es stimmt, was man aus dem ZDF hört, dann hat es in letzter Zeit häufig geknirscht zwischen der Redaktion und den Lanz-Beratern.
Diese Nachricht ruft wohl keine andere Reaktion mehr hervor als Erleichterung. Mit seiner Mitteilung, "Wetten, dass..?" zum Jahresende einzustellen, hat das ZDF einem ebenso quälenden wie peinlichen Siechtum ein längst überfälliges Ende bereitet. (...)
Die Gelegenheit, es in Würde zu beerdigen, als Deutschlands ewiger Lieblings-Goldjunge Thomas Gottschalk die Moderation hinwarf, hat man verpasst, Statt dessen ließ man die farb- und konturlose Dampf-Plaudertasche Markus Lanz das legendäre Image dieser Sendung, die einmal das herzerwärmende Lagerfeuer der deutschen TV-Gemeinde bildete, verramschen und damit alle verbliebenen wehmütigen Gefühle tilgen, die einen beim Abschied von dem Fernseh-Dinosaurier noch hätten beschleichen können.
Doch es wäre ungerecht, dem ohnehin viel gescholtenen Lanz die Schuld für das absehbare Desaster in die Schuhe zu schieben. Er stand vielmehr von vorneherein auf verlorenem Posten und hätte für seine Bereitschaft, das Himmelfahrtskommando der Rettung eines offensichtlich überlebten Unterhaltungsgenres zu übernehmen, eher einen Tapferkeitsorden verdient.
Und der Moderator? Viel wurde auf ihn geschimpft, über ihn gelästert. Dabei war nicht er der Grund des Übels, sondern die Sendung an sich. Markus Lanz hat sich bemüht (was ihm leider sehr anzumerken war), er war vielleicht nicht die perfekte Wahl (was wir ja alle wissen: Er war nicht die erste Wahl). Aber er hatte im Grunde keine Chance. Ich hoffe sehr für ihn, dass es ihn als TV-Mann nicht nachhaltig beschädigt, dass er sich an "Wetten, dass.. ?" versucht hat.
Ostsee-Zeitung
Die große Samstagabend-Familienshow ist tot. Das weiß man eigentlich schon, seit die neuen Medien und damit die Zersplitterung der Fernsehgemeinde Einzug gehalten haben. Der Niedergang hat mehrere Gründe: Der umstrittene Moderator Markus Lanz, das angestaubte Image oder so die offizielle Begründung des ZDF die veränderten Sehgewohnheiten. Nun kann man sich über die neue Vielfalt der Unterhaltung freuen: Internetsurfen, Video on Demand, Youtube und all die modernen Verführungen, mit denen viele „Wetten, dass..?“-Zuschauer der ersten Stunde jedoch nichts anfangen können. Diese Menschen bleiben nun etwas ratlos zurück. Das Gefühl, Teil einer Gruppe zu sein, die sich zusammen eine Sendung ansieht und sich darüber austauscht, geht verloren. Ihnen müssen Alternativen geboten werden, um die mediale Kluft zwischen den Generationen nicht noch größer werden zu lassen.
Badische Neustes Nachrichten
Dabei ist das Aus von „Wetten, dass..?“ keine Causa Lanz und auch keine Causa Gottschalk. Es ist die Konsequenz aus einem rasant sich verändernden Medienverhalten, das auch das Fernsehen deutlich zu spüren bekommt. Wie sagte Hape Kerkeling auf der Offenburger Couch noch so launig: „Wetten, dass..?“ stammt aus der Zeit, als Kinder samstagabends in die Badewanne gesteckt wurden und anschließend im neuen Frotteeschlafanzug vor den Fernseher durften. Heute werden Kinder nicht mehr samstagabends in die Badewanne gesteckt. Und mit der Mattscheibe muss man als Belohnung auch nicht mehr locken. Displays und Computerbildschirme haben an Strahlkraft dem Fernseher den Rang abgelaufen, sie bieten vermeintlich besseres, auf jeden Fall zeitgemäßeres Entertainment. Schon unter Gottschalk hat „Wetten, dass..?“ deutliche Zeichen der Überdehnung gezeigt, mit Lanz wurden die Schwächen offenbar.
Auf Twitter