Porträt Porträt: Spitze Feder gegen Prüderie und Heuchelei

Frankfurt/dpa. - F.K. Waechter, als Karikaturist mit spitzer Feder und Autor ein antiautoritäres Markenzeichen, wird am Sonntag (3. November) 65 Jahre alt. Nach der Flucht aus seinem Geburtsort Danzig wuchs das Kind Friedrich Karl in norddeutschen Kleinstädten unter Menschen auf, die es als autoritär und verlogen empfand. «Der Hauptquell für Komik kommt aus dem Leiden, aus Niederlagen», schrieb er 1991 in seinem Buch «Mich wundert, dass ich fröhlich bin».
1962 kam Waechter als F.K. nach Frankfurt, zeichnete zuerst für das linke Satire-Magazin «pardon», später für «Titanic». In Frankfurt traf er Gleichgesinnte - Robert Gernhardt, F. W. Bernstein, Clodwig Poth - und wurde Mitbegründer der Neuen Frankfurter Schule, die in den 70er Jahren eine neuartige, eine intelligente, gnadenlose, hintersinnige, absurde Komik etablierte.
In seinen Karikaturen und Bildergeschichten pinkeln Bäume auf erschreckte Hunde und Eiskugeln lecken zurück. Hühner blicken durch Schlüssellöcher und Elefanten kegeln. Frauen bügeln Männerhosen, die auch frisch gewaschen noch Beulen werfen. Dass das Thema Sex in seinen Zeichnungen so breiten Raum einnimmt, erklärt Waechter mit seinen Erfahrungen in den 50er Jahren, einer Zeit, die er als «unendlich verlogen» und «unglaublich prüde» empfand. «Man stinkt immer gegen das an, was einen knechtet», bekannte er einst in der Zürcher «Sonntagszeitung»
Seit seiner Kindheit pflegt Waechter auch einen tief sitzenden Hass gegen Autoritäten: Einen - abgelehnten - Denkmalsentwurf betitelte er «Goethe spielt Flöte auf Schiller sein' Piller». Selbst Gott ist vor seiner Feder nicht sicher, in seinem jüngsten Buch «Die Schöpfung» (2002) lässt er einen griesgrämigen Schöpfergnom das Meer pinkeln und die Kontinente aus Fäkalienhaufen formen. Die anti- autoritäre Erziehung, mit der er auch seine drei Söhne großzog, formulierte er 1970 im «Anti-Struwwelpeter». Es ist bis heute der meist verkaufte unter seinen mehr als 40 Büchern. 1975 erhielt er den Deutschen Jugendbucghpreis für «Wir können noch viel zusammen machen».
Dass er gleichzeitig schreibt und zeichnet, empfindet Waechter nicht als Gegensatz. «Das ist von Anfang an ein Zusammengehen von beidem.» Meist sitze er «mit leerem Kopf vor leerem Papier» und warte, «dass ein Thema durch die Hintetür zu mir herein kommt». Ist die Idee da, entscheidet er: «Was drücke ich mit den Mitteln des Schreibens und was mit denen des Malens aus?» Beim Schreiben wie beim Malen suche er immer nach der kürzesten und knappsten Form.
Um seinen 65. Geburtstag herum, wenn Freunde im Frankfurter Städel ein Fest für ihn ausrichten, arbeitet er «wie gewöhnlich an acht Sachen gleichzeitig». Wenn er keine Lust auf Zeichnen hat, schreibt er, fällt ihm nichts mehr ein, hat er wieder Lust zum Malen: «Das ist eine schöne Methode, Kreativkrisen zu vermeiden.» Das Schreiben gehe ihm leicht von der Hand, sagt er, er habe dafür nicht so starke Qualitätskriterien wie fürs Zeichnen, dafür leide er beim Schreiben immer an «Hochstaplergefühlen».
Früher, zur Hochzeit der Neuen Frankfurter Schule, war die bevorzugte Arbeitsweise das Kollektiv, erinnert sich Waechter: In der Kneipe ging ein leeres Blatt von Freund zu Freund und jeder malte daran herum. Wer den Löwenanteil hatte, bekam am nächsten Morgen das Autorenrecht. Heute habe sich die «vitale Zusammenarbeit» zum Einzelkämpfertum abgeschliffen. Dennoch gebe es bis heute «erstaunlich geringes Konkurrenzdenken» zwischen den Freunden, sagt Waechter.
Die Stadt Frankfurt hat F. K. Waechter zum 65. eine Jubiläumsausstellung geschenkt. Rund 400 Bilder und 50 Objekte aus 40 Jahren sind bis 5. Januar in der Caricatura zu sehen, dem Museum für Komische Kunst im Historischen Museum. Bei Waechters Hausverlag Diogenes ist zur Ausstellung ein Sammelband mit dem schlichten Titel «Waechter» erschienen, der seine schönsten Cartoons vereint.
