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Pfaueninsel von Thomas Hettche Pfaueninsel von Thomas Hettche: Ein Buch für alle

Von Cornelia Geißler 28.11.2014, 16:24

Die Pfaueninsel ist einerseits Weltkulturerbe. Das einstige preußische Paradies im Südwesten Berlins beherbergt einige wenige anständig restaurierte Gebäude und jede Menge aufreizend schöner Vögel. Die „Pfaueninsel“ ist zugleich ein Roman, dessen sprachlicher Glanz eine wundersame, anrührende und traurige Liebesgeschichte funkeln lässt, der das frühe 19. Jahrhundert auf dem Eiland lebendig macht und mit dem Heute verbindet.

Die Rede ist vom jüngsten Roman Thomas Hettches um die zwergwüchsige Marie und den jungen Gärtner Gustav, um Gartenkunst und höfische Sitten, um Erwartung und Veränderung. Der Autor hat ihm ein Zitat von Augustinus vorangestellt, das passt wie selten ein Motto: „Das Zukünftige nimmt ab, das Vergangene wächst an, bis die Zukunft verbraucht und das Ganze vergangen ist.“ Hettche, der längst seine Fans hat, etwa durch das verwirrend-spannende Buch „Woraus wir gemacht sind“ und den sehr heutigen Roman „Die Liebe der Väter“, zeigt sich hier auf der Höhe seiner Kunst.

Seine „Pfaueninsel“ wurde gerade wieder ausgezeichnet. Nach dem Wilhelm-Raabe-Preis Anfang des Monats kam nun für diese preußische Geschichte ausgerechnet der Bayerische Buchpreis dazu. Es ehrt Preisstifter und Juroren, dass es ihnen nicht peinlich war, im Süden so weit nach Nordosten zu blicken. Am Donnerstagabend traf sich die Jury zu einer – das ist ein Novum! – öffentlichen Sitzung in München. Sie diskutierte die Kandidaten, entschied beim Sachbuch für Ulrich Herberts „Geschichte Deutschlands im 20. Jahrhundert“ und bei der Belletristik eben für Thomas Hettche.

Diese „Pfaueninsel“ gehört nicht einfach nur zu den besten Romanen des Jahres, stand nicht ohne Grund auch auf der Shortlist zum Deutschen Buchpreis. Das Buch bringt vieles zusammen: Vergangenheit und Gegenwart, Schönheit und vermeintliche Missgestalt, Gartenkunst und technische Revolution, blitzblanken Stil und süffigen Lesefluss, nun auch Bayern und Preußen. Es ist ein Buch für alle. Schön ist es übrigens außerdem, in den taubenblau glänzenden Leineneinband wurde eine stilisierte weiße Pfauenfeder eingeprägt. Das Vorsatzpapier zeigt eine historische Karte, die den Platz der kleinen Pfaueninsel in der Havel deutlich macht. Ein Lesebändchen gibt es auch.

Thomas Hettche: Pfaueninsel. Roman, Kiepenheuer & Witsch, 352 Seiten, 19,99 Euro.