Paul-Raabe-Archiv Paul-Raabe-Archiv: Hunderte Kästen Papier, Briefe von Alfred Kubin
Wolfenbüttel/MZ. - Paul Raabe (76), ehemaliger Direktor der Franckeschen Stiftungen und seit 2002 Ehrenbürger von Halle, hat seinen wissenschaftlichen Nachlass der Landesbibliothek Oldenburg vermacht, dort werden künftig sämtliche Handschriften und Dokumente betreut. Mit Raabe, der in Wolfenbüttel lebt, telefonierte unser Redakteur Christian Eger.
Herr Raabe, wir sind entsetzt: Warum Oldenburg statt Halle?
Raabe: Weil die Papiere kaum meine halleschen Jahre betreffen, sondern vor allem meine Zeit im Literaturarchiv Marbach, wo ich 1960 die große Expressionismus-Ausstellung veranstaltet habe, und in Wolfenbüttel - an beide Städte habe ich zunächst auch gedacht. Für Oldenburg habe ich mich entschieden, weil es meine Heimatstadt ist, und weil mir zugesichert wurde, einen Raum als Paul-Raabe-Archiv einzurichten.
Wie groß ist die Sammlung?
Raabe: Sie besteht aus mehreren Teilen: Das sind 260Kästen mit Papieren, von meiner Kindheit an bis in die halleschen Jahre - Rezensionen, Vorträge, Studien; 20 bis 30Meter eigene Publikationen und meine große Sammlung zum literarischen Expressionismus, darunter viele Zeitschriften-Reprints.
Was sind die Perlen?
Raabe: Vor allem meine Briefwechsel mit dem expressionistischen Zeichner Alfred Kubin, mit den Schriftstellern Max Brod, Hermann Kasack, Kasimir Edschmid und dem Verleger Kurt Wolff.
Was gibt es über Halle?
Raabe: Alles, nämlich alle Veröffentlichungen, alle Fotos und Manuskripte. So rundet sich ein Leben ab mit einer Phase, mit der ich zuvor nicht gerechnet hatte.
Gehören Tagebücher dazu?
Raabe: Die habe ich nie geschrieben. Aber ich habe seit 1954 Jahresbücher geführt. Jeweils am 29. oder 30. Dezember notiere ich in drei bis vier großformatigen Heften, was im vorangegangenen Jahr geschehen ist: Alltägliches, Erlebnisse, Reisen. Fotos runden das Geschriebene ab. Diese Jahresbücher lese ich dann meiner Familie vor.
Und diese Jahresbücher wandern nach Oldenburg?
Raabe: Darüber haben wir in der Familie noch nicht entschieden.
Herr Raabe, woran arbeiten Sie zur Zeit?
Raabe: Ich schreibe gerade einen Aufsatz für die Ausstellung "Ernst Barlach im Kunstsalon von Paul Cassirer", die am 15. Juni beginnt. Ich beschäftige mich mit dem Verhältnis des Barlach-Verlegers Cassirer zu Else Lasker-Schüler.