Patti Scialfa bleibt ihr eigener Boss
Hamburg/dpa. - Wenn Patti Scialfa, die Ehefrau von Bruce «The Boss» Springsteen, zum Mikrofon greift, kann es bis zur fertigen Platte auch mal etwas länger dauern. Nach ihrem letzten Album «23 Street Lullaby» waren drei Jahre Wartezeit angesagt, die sich aber gelohnt haben. Denn mit ihrer neuen Platte «Play It As It Lays» hat Scialfa wieder echte Qualitätsarbeit abgeliefert.
Schon mit dem ersten Song «Looking For Elvis» zeigt Scialfa, wohin die Reise geht. Nach einem herrlichen Blues-Intro auf der Mundharmonika begibt sie sich auf der «Memphis Road» auf die Suche nach Inspiration, Liebe und vergangenen Zeiten. So singt sie: «I'm looking for something to rock my soul» - und wird in einem Sound fündig, von dem man gar nicht genug bekommen kann. Dabei bewegt sich ihr breites Repertoire stets in bester Südstaaten-Tradition: Die Einflüsse reichen von Blues und Country über Soul und Rock bis zu R&B.
Für die Produktion ihres neuen Albums hat sie sich mit Ron Aniello und Steve Jordan wieder erfahrene Verstärkung ins Boot geholt: Beide standen ihr schon bei «23nd Street Lullaby» zur Seite. Steve Jordan hat unter anderem mit Keith Richards, John Mayer und Jon Spencer zusammengearbeitet.
Das gelungene Gesamtergebnis ist dabei auch der Expertise ihrer Band zu verdanken, zu der auch einige Musiker aus Bruce Springsteens Tour-Formation gehören. «Die Jungs spielten so wunderbar. Sie verstanden, in welchem Genre ich arbeite - sie stiegen einfach in den Groove ein», so Scialfa. Auch Springsteen ist mit Hammond-Orgel, Gitarre und Mundharmonika zu hören. Trotzdem bleibt Scialfa, die sämtliche Songs selbst komponiert hat, stets am Ruder. Und auch ihre markante, stellenweise sehr rauchige Stimme steht der ihres Mannes in nichts nach. Scialfa, die ihre Karriere als Straßenmusikerin begann, weiß sich zu behaupten: Sie bleibt ihr eigener Boss.
Meist sind es die einfachen Wahrheiten, die Scialfa in malerische Worte fast. Mit «Play It as It Lays» beschwört sie die bodenständige Moral, die Karten so auszuspielen, wie man sie gezogen hat - auch wenn die Dinge nicht zum Besten stehen.
So ist «Play It As It Lays» eine ganz persönliche Reise durch ein musikalisches Südstaaten-Wunderland, bei der die Frauen meist im Mittelpunkt stehen. Mit der rhythmischen Nummer «Play Around» erteilt Scialfa allen Machos trotz sanftester Töne eine klare Absage. Sie gibt sich als selbstsichere Frau und versteht den Soul - ganz im Geiste ihrer Vorbilder - als ein Mittel der Selbstbehauptung: «Ich bin mehr in Richtung Soul gegangen, weil Frauen traditionell gerade mit Rhythm and Blues mehr Ausdrucksmöglichkeiten fanden», so Scialfa. Was übrigens nicht heißen soll, dass die Lady aus New Jersey nicht auch rocken kann - beim Einstieg in «Run, Run, Run» wippen die Füße von ganz alleine mit. Und am Ende wird es mit «Black Ladder» dank harmonischer Gitarren- und Pianosounds noch einmal richtig romantisch.
So ist Patti Scialfa mit «Play It As It Lays» eine starke Zusammenstellung gelungen, die traditionelle Sounds zu einem facettenreichen Gesamterlebnis verbindet, das man immer wieder hören kann. Denn bis zum nächsten Album wird es wohl leider wieder etwas dauern.