Palast der Republik Palast der Republik: Ruine erwacht noch einmal zum Leben

Berlin/dpa. - Vor dem endgültigen Abriss erwacht die Ruinenoch einmal zum Leben. 14 Jahre nach seiner Schließung ziehen in denBerliner Palast der Republik an diesem Wochenende die Künstler ein.Unter dem Motto «Volkspalast» soll das durch die Asbestsanierungentkernte Gebäudeskelett in der historischen Mitte drei Monate zum Treffpunkt von Berlinern und Touristen werden. Tänzer, Schauspieler,Filmemacher und Musiker erwarten im ehemaligen «Palazzo Prozzo»jeden Tag bis zu 1000 Neugierige. Laut Bundestagsbeschluss sollen imnächsten Frühjahr die Bagger anrücken. Vorher haben die Besuchernoch einmal Gelegenheit, den mittlerweile wie einen Rohbau wirkendenRaum zu erkunden.
Ein Teil des Palastes wird für Schlauchbootfahrten mit Wassergeflutet. Skateboarder, BMX-Fahrer und Kletterer können den«Volkspalast» sportiv zurückerobern. Chöre aus ganz Deutschlandsingen in dem modrigen, staubigen Stahlkoloss. Architektendiskutieren unter dem Motto «Fun Palace of the republic» über«Flexibilität von Raum und Strukturen». Wer einfach nur gucken will,der kann sich zu vorgerückter Stunde an der selben Bar einen Drinkgenehmigen, die früher im Bowling-Center des Palastes stand.
Das Projekt des Vereins «Zwischen Palast Nutzung» provoziertebereits in seiner Planungsphase einen neuen Streit um die Gestaltungdes Schlossplatzes, den der Palast im Moment eher verschandelt. «Esgibt keinen Grund, das Gebäude abzureißen», sagt dagegen«Volkspalast»-Initiatorin Amélie Deuflhard. «Lasst ihn einfachstehen bis ihr mit Euren Planungen soweit seid», fordert sie von denPolitikern. Anstelle des Palastes soll das Hohenzollern-Stadtschloss mit historischer Fassade wieder errichtet werden, dasWalter Ulbricht 1950 abreißen ließ. Derzeit ruhen allerdings diePlanungen mangels Geld bei Bund und Land. Nach dem Abriss desPalastes soll erst einmal eine Grünfläche angelegt werden.
Kultursenator Thomas Flierl (PDS), unter dessen Schirmherrschaftdie Zwischen-Nutzung steht, bezeichnet das Projekt als «urbanesLabor.» Die Zwischennutzung solle die Abrissentscheidung politischnicht in Frage stellen. Einen Abriss vor der Festlegung einerkünftigen Nutzung des neuen Gebäudes lehnt er aber ab. Da will er esauch auf einen Konflikt mit dem Koalitionspartner SPD ankommenlassen. Kritik rief auch die Finanzierung des «Volkspalasts» hervor,der vom Hauptstadtkulturfonds und der Bundeskulturstiftungunterstützt wird. Die CSU-Bundestagsabgeordnete Renate Blank warfKulturstaatsministerin Christina Weiss (parteilos) Verschwendung vonSteuergeldern für «ein Schaufenster der Diktatur» vor.
Die «Volkspalast»-Besucher können sich bis zum 9. November eineeigene Meinung über die Zukunft des Baus bilden. Zum Auftakt deszweitägigen Eröffnungsfestes wird der Palast am Freitagabend 14Jahre nach der Schließung mit 14 künstlerischen Ritualen neugeöffnet. Dabei wird das Besucher-Volk mit Limousinen zum rotenTeppich vor dem «Volkspalast» chauffiert. Am Abend darauf wird zumBal Moderne eingeladen, bei dem Choreografen mit jeweils 300Teilnehmern ein Tanzstück einüben. Für Oktober ist dann noch einmalein «Richtfest» geplant. In dem Stück von Ruedi Häusermann werdendie Besucher in das Jahr 1975 zurückversetzt. Schauspieler wieJosef Bierbichler wird kleine Gruppen durch das damals kurz vor derEröffnung stehende Haus führen und die Zukunft noch einmal ganz neuangehen.