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Palast der Republik Palast der Republik: 14 Jahre nach Schließung wird Gebäude zurück erobert

Von Elke Vogel 21.08.2004, 17:00

Berlin/dpa. - Mit dem Kunstprojekt «Volkspalast» wurde der ehemalige «PalazzoProzzo» der DDR symbolisch neu eröffnet. Erstmals seit der Wende wirddie Palast-Ruine wieder für einen längeren Zeitraum für das Publikumoffen stehen. Erinnerungen werden bei vielen vor allem älterenPalast-Besuchern wach. Es ist eine Stimmung zwischen Wehmut undPragmatismus. Nächstes Frühjahr ist alles vorbei: Dann kommen lautBundestagsbeschluss die Abrissbagger.

Von der einstigen pompösen Pracht des Baus ist nichts geblieben.Nach langwieriger Asbestsanierung ist der Palast eine leicht modrigriechende Ruine aus Stahl und Beton. Die Bronzefassade, in der sichder Berliner Dom so schön spiegelte, ist längst blind. Tatsächlichist die inszenierte Wiedereröffnung eher ein letztes Aufbäumen denndie Auferstehung aus Ruinen.

Trotz andauernden politischen Streits ist der Abriss beschlosseneSache. Nur was dann aus dem Platz in Berlins historischer Mitte wird,das ist ungewiss. An der Stelle des Palastes soll das 1950 gesprengteStadtschloss mit historischer Fassade wiedererbaut werden. Das kannallerdings dauern: Weder Bund noch Land können die dafür nötigen 670Millionen Euro derzeit aufbringen. Erst einmal soll deshalb Raseneingesät werden.

Von den damals 1700 Palast-Mitarbeitern sind 30 auch an diesemAbend da - «von der Kartenabreißerin bis zum Chef-Hausregisseur», wieder 69-jährige Klaus Wons betont. Er selbst war 1. Leiter desJugendtreffs im Palast, und natürlich ist er gegen den Abriss. «Wennich das jetzt sehe, dann kriege ich das Grausen», meint er mit Blickauf das entkernte Gebäudeskelett. «Man sollte den Palast wieder soherrichten, dass man ihn nutzen kann.» 70 Millionen Menschen haben imPalast seit der Eröffnung 1976 bis zur Schließung 1990 getanzt,gegessen, Musik genossen. Mit Politik hatte das wenig zu tun: DieDDR-Volkskammer fällte im Palast ihre Entscheidung fern vom Volk.

Bei Gabriele Thiele-Horst ist mit der Erinnerung auch derKampfgeist erwacht: «Wenn der Abriss beginnt, dann wird es Mahnwachengeben, sagt die 50-Jährige. «Hammer, Zirkel und Ährenkranz brauchenwird nicht mehr». Aber: «Es wäre wichtig für die Identität derOstdeutschen, den Palast zu erhalten», so die Grundschul-Direktorin,die mit glänzenden Augen von ihren früheren Besuchen erzählt. Eherpragmatisch ist die 29-jährige Caroline Rössle: «Es ist einWahnsinns-Gebäude!» Den Wiederaufbau von alten Gebäuden wie demSchloss findet sie unsinnig. «Man sollte aus dem Palast etwas Neuesmachen, dieser Abend ist ein guter Anfang.»

Bis zum 9. November wollen Tänzer, Schauspieler und Musiker im«Volkspalast» täglich bis zu 1000 Neugierige unterhalten. Je nachBedarf wird der Bau in einen Theatersaal, eine Sportarena oder einenkünstlichen See für Schlauchbootfahrten verwandelt. Künstler wie dieTänzerin Sasha Waltz, der Regisseur Ruedi Häusermann und derSchauspieler Josef Bierbichler beteiligen sich an den Aufführungen.Der Eröffnungsabend hat eine ganz besondere Ausstrahlung: Junge Leutesingen zur Gitarre «Keine Macht für niemand». Eine Künstlerin hatDDR-Spielzeugsoldaten in Eis nachgebildet und an weiße Luftballonsgehängt. Wenn die kleinen Figuren schmelzen, dann ähneln sieplötzlich Engeln.