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Österreich Österreich: György Ligeti starb 83-jährig in Wien

12.06.2006, 19:34
Einer der berühmtesten Komponisten der Gegenwart, der österreichische Komponist György Ligeti, ist im Alter von 83 Jahren gestorben (Archivfoto vom 13.09.2003). (Foto: dpa)
Einer der berühmtesten Komponisten der Gegenwart, der österreichische Komponist György Ligeti, ist im Alter von 83 Jahren gestorben (Archivfoto vom 13.09.2003). (Foto: dpa) dpa

Wien/dpa. - Dies berichtete dieösterreichische Nachrichtenagentur APA unter Berufung auf LigetisMusikverlag Schott Music. Ligeti, der auch lange in Hamburg lebte undlehrte, war Träger der renommiertesten internationalenMusikauszeichnungen. Dazu zählen der japanische Praemium Imperiale,der Balzan-Preis, der Ernst-von-Siemens-Musikpreis, der Musikpreisder Unesco (96), der Kyoto-Preis und der schwedische Polar-Musikpreis.

Der österreichische Bundeskanzler Wolfgang Schüssel würdigteLigeti. Seit Jahrzehnten sei er «einer der Wortführer der neuen Musikin Europa (gewesen)» und habe «die Tonkunst mit unverwechselbarenKlangfarben bereichert». Ligeti habe «Meilensteine in derMusikgeschichte» hervor gebracht. Hamburgs Opernintendantin SimoneYoung sagte, sie habe es immer bewundert, mit welcher KlangfantasieLigeti «seinen Weg abseits des Mainstream, abseits der Avantgardegesucht und gefunden hat». Bei seiner kompositorischen Arbeit sei erimmer offen für Einflüsse von außen, für Musik anderer Kulturen, fürbildende Kunst, ja sogar für Computergrafik gewesen, sagte dieaustralische Dirigentin.

Nähere Angaben zum Tod Ligetis wolle seine Familie nichtverbreiten, sagte ein Sprecher des Schott-Music-Verlages. Ligetihatte bereits die Ehrungen anlässlich seines 80. Geburtstags im Jahr2003 im Rollstuhl empfangen. Die Stadt Frankfurt ehrte ihn damals mitdem Adorno-Preis, 2005 folgte noch der Frankfurter Musikpreis fürsein Lebenswerk.

Der Musiker zählte nicht nur zu den herausragendenzeitgenössischen Tonsetzern, sondern auch Analytikern moderner Musik.Der internationale Durchbruch gelang dem Komponisten 1961 mit demOrchesterstück «Atmosphères» beim Festival Neuer Musik inDonaueschingen. Zu den wichtigsten Werken des Komponisten, der sichmit Mathematik, Malerei, Etnomusikologie und Sprachwissenschaftbefasste, gehören «Lux Aeterna» (1966), «San Francisco Polyphony»(1974), «Etudes pour Piano» (1985), «Trio für Violine, Horn undKlavier» (1982) und «Violinkonzert» (1990). Einige seiner Werkewurden als Soundtrack zu Stanley Kubricks Film «2001 - Odyssee imWeltraum» bekannt.

Ligeti wurde am 28. Mai 1923 in einer Kleinstadt in Siebenbürgen,das seit 1920 zu Rumänien gehört, geboren. Fast seine gesamte Familie- Ligeti war jüdischer Herkunft - wurde von den Nationalsozialistenermordet. Sein Vater kam im Konzentrationslager Bergen-Belsen um,sein jüngerer Bruder im KZ Mauthausen. Ligetis Mutter überlebte dasLager Auschwitz-Birkenau.

György Ligeti wuchs in Klausenburg in Siebenbürgen auf. Bereits1939 schrieb er eigene Symphoniesätze. Er studierte Musiktheorie undKomposition, zeitweise auch Volksmusikforschung in Budapest, wo ervon 1950 bis 1958 auch als Dozent tätig war.

Nach dem Ungarn-Aufstand floh Ligeti 1956 nach Wien. 1957 bis 1969war er freier Mitarbeiter im berühmten Studio für elektronische Musikdes Westdeutschen Rundfunks in Köln. Ligeti arbeitete mit Avantgarde-Komponisten wie Boulez, Stockhausen oder Nono zusammen. Mehrere Jahrelebte Ligeti in Wien, lehrte nebenbei an den Darmstädter Ferienkursenfür Neue Musik, war Gastprofessor an der Stockholmer Musikhochschuleund wirkte auch in Berlin. Von 1973 bis zu seiner Emeritierung 1989leitete er eine Kompositionsklasse an der Hamburger Hochschule fürMusik und Theater.

Charakteristisch für Ligetis Musik sind nach Einschätzung vonExperten die so genannte Klangflächenkomposition als Ergebnis seinerkritischen Auseinandersetzung mit der seriellen Musik und zum anderendie «Mikropolyphonie, einer Stimmverflechtung auf engstem Raum. Zueinem Triumph für den Komponisten wurde bei den SalzburgerFestspielen 1997 die zweite Uraufführung seiner einzigen, nachStockholm (1978) völlig neu konzipierten Oper «Le Grand Macabre».