Oskar Schindler Oskar Schindler: Lebensretter und Kriegsprofiteur
Tel Aviv/dpa. - Die ehemalige Sekretärin des deutschen Fabrikanten Oskar Schindler tippte 1944 mit zwei Fingern jene berühmt gewordene «Schindler-Liste», die jüdische Arbeiter vor dem sicheren Tod in deutschen Vernichtungslagern bewahrt hat. Auch ihren eigenen Namen samt Berufsbezeichnung «Schreibkraft» setzte sie darauf. Schindler rettete rund 1200 Juden das Leben. Am 28. April 2008 wäre er 100 Jahre alt geworden.
Zeitzeugen beschreiben den am 28. April 1908 in der heutigen tschechischen Stadt Svitavy (Zwittau) geborenen Schindler als Mann mit zwei Gesichtern. Nach Kriegsausbruch 1939 erwarb der Fabrikantensohn in der Nähe von Krakau in Polen eine ehemalige jüdische Emailwarenfabrik. Als Kriegsprofiteur und Mitglied der Nazi- Partei machte er ein Millionenvermögen. Schindler setzte später jedoch sein eigenes Geld ein und sein eigenes Leben aufs Spiel, um jüdische Beschäftigte vor Todeslagern zu retten.
Als die Sowjetarmee 1944 immer näher heranrückte, trickste, täuschte, fälschte und bestach Schindler, um sein Werk und rund 1100 jüdische Zwangsarbeiter von Krakau nach Brünnlitz im heutigen Tschechien verlegen zu dürfen. Dort überlebten «seine Juden» den Krieg. «Ich habe einen Mann gesehen, der ständig sein Leben riskierte, für das, was er tat. Er war ein Mensch. Er muss ein Herz aus Gold gehabt haben», sagte Ex-Sekretärin Reinhardt nach ihrer Ankunft in Israel der Tageszeitung «Haaretz».
«Der unvergessliche Lebensretter 1200 verfolgter Juden», steht auf Schindlers Grabplatte auf dem katholischen Friedhof auf dem Zionsberg in Jerusalem. Nicht weit entfernt, in der Holocaust- Gedenkstätte Jad Vaschem, ist ein Baum in Gedenken an Schindler gepflanzt worden. Er gehörte zu den ersten drei Deutschen, die 1963 den Ehrentitel «Gerechter unter den Völkern» verliehen bekamen. Diese hohe Auszeichnung haben nach Angaben der Gedenkstätte bis heute 22 000 Menschen aus 44 Ländern dafür erhalten, dass sie unter Einsatz ihres Lebens Juden während des Holocausts gerettet haben.
Zum Geburtstag von Schindler sei nichts besonderes geplant, sagt Jad-Vaschem-Sprecherin Estee Yaari. Denn Schindlers werde fast täglich gedacht. «Nahezu jede Gruppe sieht den Schindler-Baum und hört seine Geschichte», sagt sie. Außerdem sei eine von 15 Sektionen im Holocaust-Museum Schindler gewidmet. Einige persönliche Gegenstände, aber auch die berühmte «Schindler-Liste» seien dort ausgestellt.
Schindler ein Held? Ehefrau Emilie (1907 bis 2001) blickte bis zu ihrem Tod verbittert auf ihren 1974 gestorbenen Gatten zurück. Außereheliche Beziehungen, uneheliche Kinder, Alkohol, Schulden: «Ich habe alle seine Eskapaden bezahlt», sagte sie 1999 in Buenos Aires. 1949 war sie mit ihrem Mann nach Argentinien ausgewandert. 1957 kehrte Schindler allein nach Deutschland zurück. In Interviews insistierte sie auch, mehr Juden gerettet zu haben als ihr Mann. In dem mit sieben Oscars gekrönten Film «Schindlers Liste» (1993), mit dem US-Regisseur Steven Spielberg dem Deutschen postum zu Weltruhm verhalf, sah Emilie Schindler ihre Rolle viel zu kurz gekommen.
«Trotz all seiner menschlichen Fehler ist er zu Recht berühmt geworden», sagt der US-Historiker und Schindler-Biograf David M. Crowe. Die Rettung so vieler Juden an sich sei schon eine «einmalige Tat».
Schindler hätte die Aufmerksamkeit geliebt, sagt Ex-Sekretärin Mimi Reinhardt. Sie ist da ganz anders. Seit die 92-Jährige im Dezember 2007 von New York in ein Seniorenwohnheim in Herzlija Petuach im Norden von Tel Aviv gezogen ist, geht ihr der Presserummel zusehends auf die Nerven: «Ich habe schon alles gesagt. Ich habe wirklich nichts mehr hinzuzufügen.»