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Oscar-Verleihung Oscar-Verleihung: Südkoreanischer Regisseur Bong Joon Ho schafft Sensation

Von Andreas Montag 10.02.2020, 21:26
Bong Joon Ho hält seine Oscars für „Parasite“ in Händen. Der Film wurde in den Kategorien „Beste Regie“, „Bestes Originaldrehbuch“, „Bester Film“ und „Bester fremdsprachiger Film“ ausgezeichnet.
Bong Joon Ho hält seine Oscars für „Parasite“ in Händen. Der Film wurde in den Kategorien „Beste Regie“, „Bestes Originaldrehbuch“, „Bester Film“ und „Bester fremdsprachiger Film“ ausgezeichnet. Richard Shotwell/Invision/dpa

Halle (Saale)/Los Angeles - Wenn einem so viel Schönes wird beschert, ist es sogar ein eigentlich verbotenes Kraftwort wert: „Fucking crazy“ fand der südkoreanische Regisseur Bong Joon Ho seinen Sensationssieg bei der Oscar-Verleihung in Hollywood. Das muss man nicht übersetzen, jedenfalls nicht das F-Wort. Und verrückt ist der Vorgang wirklich, wenn auch auf erfreuliche Weise, weil erstmals überhaupt ein nicht englischsprachiger Film den Pott als bester Film gewonnen hat - also nicht nur in der ausländischen Produktionen vorbehaltenen Gästesparte des wichtigsten Filmpreises der Welt.

Kompromissloses Vergnügen

„Ich denke, irgendetwas wird mich gleich am Kopf treffen, und ich werde von diesem Traum aufwachen“, alberte der 50-jährige Filmemacher. Dabei hat er ja mit seiner bitterbösen Sozialsatire „Parasite“ schon bei den Filmfestspielen in Cannes sowie einen Golden Globes gewonnen. Sein Film, der mit kompromisslosem Vergnügen durchspielt, wie es ausgehen kann, wenn Arme sich ihr Stück vom Kuchen der Reichen abschneiden, hat offensichtlich weltweit einen Nerv getroffen: Den einen zur Freude, den anderen zum Gruseln. Auch in Deutschland, darunter in Halle, ist „Parasite“ erfolgreich gelaufen und mauserte sich von Geheimtipp zum Kinohit.

Nun kann man, wie so oft in der Vergangenheit, wieder trefflich über die Gründe spekulieren, die für die Wahl der Oscar-Jury am Ende ausschlaggebend gewesen sein könnten. An einem schwachen Jahrgang hausgemachter, also US-amerikanischer Produktionen kann es jedenfalls nicht gelegen haben. Die Konkurrenz war sehenswert und ordentlich aufgestellt, wenn auch auf den Regieplätzen wieder mit vielen „weißen, alten Männern“ besetzt, wie nicht nur Kritikerinnen bemängelt haben. Aber der Hauptgewinner Bong Joon Ho fällt als Nicht-Amerikaner hier eben doch heraus.

Trostpreis für „Little Women“

Für Greta Gerwigs feines Drama „Little Women“, das derzeit in den deutschen Kinos läuft, war allerdings nicht mehr als ein Trostpreis drin, den die Kostümdesignerin Jacqueline Durran bekommen hat. Die Frauen in der Filmindustrie werden also weiter zu kämpfen haben.

Bei der Vergabe der Schauspieler-Ehrungen zeigt sich die alte Hollywood-Welt dann vollends in Ordnung: Alle vier Preise für die besten Haupt- und Neben-Darstellerinnen und Darsteller sind gewissermaßen in der Familie geblieben. Damit haben zugleich die in der Königskategorie „Bester Film“ leer ausgegangenen Platzhirsche indirekt doch noch ihre Genugtuung erhalten.

Nur Martin Scorsese, der für sein von Netflix produziertes Mafia-Epos „The Irishman“ immerhin in zehn Kategorien nominiert gewesen war, ging völlig leer aus. Hier mag sich auch der Konflikt der Studios mit den Streamingdiensten spiegeln, die das klassische Kino auf das heimische Sofa verlagern und ihre Produktionen meist nur für wenige Tage in die Lichtspielhäuser bringen.

Mit Laura Dern, die für ihre großartige Leistung in „Marriage Story“ und Brad Pitt, der neben Leonardo DiCaprio in „Once Upon a Time... in Hollywood“ überzeugte, sind zwei Stars ausgezeichnet worden, die überfällig waren. Zwar hat Pitt bereits 2014 einen Oscar gewonnen, damals aber als Mitproduzent von „12 Years a Slave“.

Dass Quentin Tarantinos Hollywood-Märchen über einen alternden Helden (DiCaprio) und sein treues Stunt-Double (Pitt) nicht besser abgeschnitten hat bei der aktuellen Preisvergabe, kann man erstaunlich finden - ohne damit die Qualitäten von „Parasite“ schmälern zu wollen.

Von Trauma geheilt

Die große Leistung von „Once Upon a Time... in Hollywood“ besteht indes darin, die Filmwelt der USA von einem Trauma geheilt zu haben, indem er den bestialischen Mord an der schwangeren Schauspielerin Sharon Tate, der Frau des Regisseurs Roman Polanski, gar nicht erst stattfinden lässt. Stattdessen metzelt Brad Pitt als Ritter ohne Furcht und Tadel die mordgierigen Mitglieder der bedröhnten Manson-Sekte nieder. Ein blutiger Ausgang auch dies, aber ein gerechter, in dem Tarantino das Gute wieder einmal siegen lässt.

Die als beste Hauptdarstellerin und als bester Hauptdarsteller geehrten Renée Zellweger und Joaquin Phoenix verhandeln die Geschichte Hollywoods ebenfalls mit. In „Judy“ von Rupert Goold verkörpert Zellweger die legendäre Judy Garland am tragischen Ende ihrer Karriere. Und Phoenix ist in der Comicverfilmung „Joker“ von Todd Phillips als Arthur Fleck zu erleben, der zu Batmans Gegner werden soll.

Beides sehenswerte Filme, aber thematisch eben quasi aus der Branche gespeist - wie Tarantinos Werk im Grunde auch. „Parasite“ von Bong Joon Ho erzählt dagegen eine fiktive Geschichte aus dem Leben. Das kann man als den größeren Wurf ansehen.

››„Parasite“ läuft von diesem Donnerstag an erneut in vielen Kinos, darunter im Studiokino am Moritzplatz in Magdeburg und im Puschkino Halle.

(mz)