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Oper Magdeburg Oper Magdeburg: Orchesterwart schafft «Sorglos-Paket» für Musiker

Von Dörthe Hein 09.12.2010, 08:52
Axel Arnhold, der Orchesterwart am Theater der Landeshauptstadt in Magdeburg, rollt zwei Pauken durch einen Probenraum. (FOTO: DPA)
Axel Arnhold, der Orchesterwart am Theater der Landeshauptstadt in Magdeburg, rollt zwei Pauken durch einen Probenraum. (FOTO: DPA) dpa-Zentralbild

Magdeburg/dpa. - Ohne Axel Arnhold käme im Opernhaus inMagdeburg kein Konzert zustande. Dabei kann der 47-Jährige keineeinzige Note lesen. Ein Instrument spielt er auch nicht. Arnhold istOrchesterwart. Aus dem Sport kennt jeder den Zeugwart, der denFußballern die Trikots bereitlegt und für das perfekte Spielfeldsorgt. Das lässt sich auf Arnholds Job im Orchestergraben übertragen.Was dazugehört? «Alles, was passiert, bevor und nachdem das Orchesterspielt», antwortet der 47-Jährige mit dem akkurat geschnittenen Bart.«Früher hieß es Orchesterdiener.» Damit er nicht zum Diener werde,müsse er sich hier und da kräftig durchsetzen.

Es geht darum, dem Orchester das Spielen zu ermöglichen. «DasNotenmaterial muss da sein, die Stühle am richtigen Platz, auch diePulte muss ich hinstellen.» Skizzen zeigen Arnhold, wie das Mobiliarpositioniert werden muss. Von der Ankündigung eines Stückes bis zudieser Zeichnung ist es oft ein langer Weg mit vielen Diskussionen.Schließlich muss Arnhold unter Umständen sehr viele Musiker im rund100 Quadratmeter großen Orchestergraben unterbringen. «Bei Turandotzum Beispiel sind es 55 bis 60.» Das braucht viele Gespräche mit denBeteiligten. «Wir können nur die technische Seite prüfen, was fehlt,was nicht», sagt Arnhold, der an seiner Seite noch einen weiterenOrchesterwart hat.

«Natürlich hat jeder Musiker seine Befindlichkeiten. Damit mussman vorsichtig umgehen», sagt Arnhold. Viele Dinge sind einzusehen:Da gibt es Musiker, die nach der geplanten Sitzordnung den Dirigentennicht sehen, andere können sich selbst nicht hören, weil einbenachbartes Instrument zu laut ist. Arnhold sagt dazu: «Es gibtkeine unüberwindbaren Probleme.» Es braucht nur mehr oder wenigerAufwand, sie zu beheben.

Neben allem guten Willen der Musiker stellt Arnhold aber auchfest: «Es ist wie bei Kindern, die testen ihre Grenzen aus. Da mussman auch mal böse werden.» Auf individuelle Bedürfnisse der Musikernimmt Arnhold in gewissen Rahmen Rücksicht. «Da gibt es eineGeigerin, die Rückenprobleme hat und einen speziellen Stuhl bekommt,wenn sie Dienst hat.» Ein Cellist, der über zwei Meter groß ist,braucht natürlich auch mehr Platz als eine kleine Flötistin.

Was alle brauchen und bekommen sind ihre Noten. Arnhold legt sierechtzeitig vor dem Konzert aus und sammelt die Blätter anschließendwieder ein. Wenn die Musiker an einer ungünstigen Stelle umblätternmüssten, kopiert er das Material, um das ungestörte Spiel zuermöglichen. Es gehe um das «Rundum-sorglos-Paket». «Sie sind jahier, um Musik zu machen.»

Da Orchesterwart kein Ausbildungsberuf ist, kommen seine Kollegenlaut Arnhold oft aus verwandten Berufen, Balletttänzer oder Musiker.Er selbst - Mathematik- und Physiklehrer, Datenverarbeitungskaufmannund Gießereifacharbeiter - kam 1997 sprichwörtlich wie die Jungfrauzum Kind an diesen Job. Als Vertreter für Büromaterial kam er auch imTheater vorbei, übernahm eine Krankheitsvertretung und wurdeschließlich dauerhaft Mitarbeiter des Theaters.

So unentbehrlich er für das Orchester ist, genießen kann Arnholddie Konzerte nicht. «Ich habe überhaupt keine Zeit, mir dasanzuhören.» Umbauten und Vorbereitungen stehen auf dem Plan. Dabeigeht natürlich auch mal etwas schief. Einmal vergaß Arnhold in einerzweiten Pause, dem Dirigenten die neue Partitur auf das Pult zulegen. Der fing an, auswendig zu dirigierten, ein Musiker stürmteraus und gab dem Orchesterwart Bescheid, der sogleich die Notenvorlegte. «Das darf eigentlich nicht vorkommen», sagt Arnhold. DieLehre daraus: Seit dem Vorfall liegen alle Noten für die Vorstellungneben dem Dirigenten auf einen Hocker.

Axel Arnhold, der Orchesterwart am Theater der Landeshauptstadt in Magdeburg. (FOTO: DPA)
Axel Arnhold, der Orchesterwart am Theater der Landeshauptstadt in Magdeburg. (FOTO: DPA)
dpa-Zentralbild