Nordharzer Städtebundtheater Nordharzer Städtebundtheater: Kalkulationen am Rand des Abgrunds
Halberstadt/MZ. - Kay Metzgers unmittelbare Aussicht von den Höhen des Hexentanzplatzes ist phantastisch, die mittelfristige Perspektive für seine Bühne aber scheint schlechter denn je. In den Endproben zum Musical "Hexentanz und Teufelsschwanz", mit der am Freitag das 100-jährige Bestehen des Harzer Bergtheaters gefeiert werden soll, erreichte den Intendanten des Nordharzer Städtebundtheaters die Hiobsbotschaft von einer beabsichtigten Subventions-Kürzung durch den Landkreis Quedlinburg. Und da sich Landrat Wolfram Kullik (SPD) angesichts der nötigen Haushaltskonsolidierung zu drastischen Schnitten gezwungen sieht, muss der Leiter des traditionsreichen Dreisparten-Theaters nun auf hoher Warte über eine katastrophale Talfahrt nachdenken.
Von einer Streichung aller Landkreis-Zuwendungen ab 2005 sprachen Pessimisten, während Optimisten lediglich die Halbierung des Etat-Anteils von 1,15 Millionen Euro prophezeiten. Die Wahrheit liegt laut Kullik in der Mitte: 75 Prozent sollen auf der Landtags-Sitzung am Mittwoch zur Disposition stehen. Somit droht nach Auslaufen des aktuellen Theater- und Orchestervertrages im kommenden Jahr eine Reduzierung um mehr als 750000 Euro - die sich dank der anteiligen Kürzung bei der Landes-Finanzierung verdoppeln und durch die absehbaren Reaktionen der anderen Zweckverbands-Mitglieder potenzieren könnten. "Mit solchen Vorgaben", so Metzger, "brauchen wir gar nicht zu den Verhandlungen nach Magdeburg zu fahren."
Damit gerät abermals ein sachsen-anhaltisches Theater, dessen Zukunft mit Hilfe eines Zweckverbandes gesichert werden sollte, an den Rand des Abgrunds. Und wie bereits im Fall des Mitteldeutschen Landestheaters Wittenberg, wo im vergangenen Jahr der letzte Vorhang fiel, wächst die Zahl der Probleme auch hier parallel zur Zahl der Beteiligten. Wo die Landkreise Halberstadt (1,198 Millionen Euro) und Quedlinburg (1,151 Millionen) ebenso wie die Städte Halberstadt (1,326 Millionen) und Quedlinburg (540000 Euro) an einem Tisch versammelt sind, werden die Subventions-Empfänger schlimmstenfalls mit vier nahezu identischen Haushalts-Krisen konfrontiert. Direkten Einfluss aber können sie nur auf ihren Eigenanteil von 1,4 Millionen Euro nehmen - weil die Landes-Zuwendung von derzeit 3,91 Millionen Euro prozentual vom Zweckverband abhängig gemacht wird.
Zwar weiß Kay Metzger um die Haushaltsnot seiner Partner in Politik und Verwaltung, deren dramatische Folgen im Landkreis Quedlinburg auch für die Feininger-Galerie und die Kreisbibliothek spürbar sein werden. Doch dass Landrat Kullik den geplanten Bau einer zentralen Berufsschule gegen diese "freiwilligen Leistungen" ausspielt, indem er die Finanzierung der Bildungs-Einrichtung von den Einsparungen in der Kultur abhängig macht, findet er ebenso befremdlich wie die Tatsache, dass ihn der Landrat von der beabsichtigten Kürzung seines Etats bislang nicht in Kenntnis gesetzt hat.
Die schlimme Gewissheit würde an den Fakten freilich auch nichts ändern: Wenn der Landkreis Quedlinburg Streichungen in der beabsichtigten Höhe vornimmt, wird der Verlust selbst dann nicht aufzufangen sein, wenn man künftig auf die Sparte Schauspiel verzichten würde. Einschnitte beim Musiktheater aber würden nicht nur die finanziell attraktiven Gastspiele gefährden: Beim Verzicht auf die Oper wird auch Halberstadt aussteigen.