Nibelungen in Worms Nibelungen in Worms: Familien-Drama im Pantoffel-Kino

Dessau/Worms/MZ. - Wenn sich das Theaterauf TV-Format verkleinern lässt, kann es solcheVerwandtschaft tatsächlich nicht leugnen.Genau dies aber ist Moritz Rinke und seinen"Nibelungen" in Worms geschehen, wo sie vorgrandioser Kulisse in die Hände von DieterWedel fielen. Da der berüchtigte Regie-Maniacnach Jahren des Frondienstes bei all diesenBellheims und Semmelings offenbar endlichden Prototyp aller deutschen Familientragödieninszenieren wollte, kam ihm die Einladungseines Protagonisten Mario Adorf zum Auftaktder neuen Nibelungen-Festspiele eben recht.
Und da ein Kanzler-Liebling wie Moritz Rinkezu einem eigenen kleinen Bayreuth natürlichnicht nein sagen kann, akzeptierte er mitdem Autoren-Auftrag auch den Uraufführungs-Regisseur.Dabei hätten die Festspiel-Gründer eigentlichahnen müssen, dass die Kombination nicht gutgehen kann: Mit eiserner Hand greift Wedelnach Rinkes eher luftigem Text und verzichtetselbstherrlich auf jeden Versuch der Werktreue.Schon den Prolog, den sich der Dichter vonKindermund gesprochen wünschte, zerdröhntUwe Friedrichs mit hohlem Erzähler-Pathos.
Später werden sich in seiner Person die Figurendes Dietrich von Bern und des Rüdiger vonBechelaren vereinigen, ohne dass daraus Erkenntnisentspringt. Und nachdem man den Running Gagdes immer wieder störenden Boten zunächstetabliert hat, wird er an Etzels Hof plötzlichgeopfert. Dass mit John von Düffel ein anderernamhafter Jungdramatiker als Dramaturg imProgrammheft steht, will man angesichts solcherGrobschlächtigkeit kaum glauben. Am schlimmstenfreilich wird es dort, wo Wedel seine Herkunftnicht länger verleugnet und den Herausforderungendes Theaters mit den Mitteln des Pantoffelkinosbegegnet.
Wenn Brünhild als Eis-Amazone in einem Pop-Videogrüßt oder wenn die hinreißend geschriebeneSzene der Burgunder-Aufrüstung für ihren finalenKampf als Rast in einem Road Movie erscheint,kann man selbst eine ironische Behandlungder eigenen Mittel nicht länger als Argumentgelten lassen. Hier wird die Mühe des Autorsder Denkfaulheit eines Routiniers geopfert,der tief in den Fundus greift und statt neuerIdeen nur alte Reflexe findet.
Da passt es durchaus ins Bild, dass nebenSchächter auch Thomas Gottschalk als Sachverständigerin der Pause auftritt - und beweisen darf,dass ihm bei Siegfried nicht nur Roy einfällt.