Newcomer Newcomer: Jens Friebe wird als neuer deutscher Popstar gefeiert
Berlin/dpa. - Liest man die Urteile über Friebe, könnte man glauben, die Plattenfirma hätte die Kritiker bestochen. «Jens Friebe ist unser Lawinenhund gegen die grassierende Mittelmäßigkeit von Popmusik und Poptexten», findet die «Frankfurter Rundschau». «Zuverlässig ambivalent und ungeschliffen schön», schreibt die «Berliner Zeitung», der «einzige richtige Popstar in Deutschland» die «Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung».
Der so gepriesene ist beim Interview anfangs ein bisschen zurückhaltend, tippt noch schnell eine SMS ins Handy und bestellt sich eine Chili-Schokolade. Dann erzählt er, wie «In Hypnose», sein neues Album nach dem Debüt «Vorher Nachher Bilder», entstanden ist und umreißt seine musikalische Karriere: die erste Band mit zwölf, als Schüler Lieder von Die Ärzte gecovert, dann zog es ihn aus der westdeutschen Provinz über Köln nach Berlin. Sein Geld verdiente er auch mit dem Schreiben. «Ich habe mich immer mehr als Musiker gesehen und weniger als Journalist», sagt er. Seinen ersten Konzertauftritt hatte er in Hamburg.
Friebes Förderer war Zickzack-Labelchef Alfred Hilsberg, bei Maximilian Hecker stand er am Keyboard. Jetzt hat ihn der Tocotronic-Produzent Tobias Levin unter seine Fittiche genommen, und er hat es auf die größeren Bühnen geschafft, wo er vor Wir sind Helden aufgetreten ist. Vor ein paar Jahren hätte die Musik noch das Etikett «Hamburger Schule» verpasst bekommen, heute geht es ohne, und Friebe freut sich auf seine eigene Tour, die Ende September startet.
Seine Auftritte gefallen Männern wie Frauen, seine Musik ist melodiöser (Elektro)-Pop mit Liedermacheranspruch. Friebe gibt sich erst gar keinen Künstlernamen und singt Deutsch, ohne das als Botschaft zu verbrämen. «Ich finde es schwierig, in einer Sprache Lyrik zu verfassen, die ich nicht hundertprozentig beherrsche», sagt er.
Jedes der zwölf Lieder erzählt eine kleine Geschichte: «Ihr müsst sie feiern, wie sie fallen/Ihr müsst mich feiern, wie ich fall/Wie die Schönste von allen/Auf dem Abschlussball», singt er in «Kennedy», dem vielleicht stärksten Stück. Außerdem hat der Vegetarier Friebe ein echtes Anti-Fleisch-Lied («Theke mit den Toten») geschrieben, das ganz ohne Ironie daher kommt: «Es gibt Öl, es gibt Mehl/Es gibt Brot und es gibt Wein/Doch an der Theke mit den Toten/Kaufst du ein».
Liebling der Kritiker zu sein, heißt aber nicht automatisch, dass sich die Platte auch verkauft - das weiß auch Jens Friebe. «Fürs Radio ist es vielleicht etwas zu unplakativ, die Texte zu verschroben.» Dem wäre entgegen zu halten, dass auch Bands wie Tocotronic nicht oft im Radio oder bei Viva laufen, aber trotzdem erfolgreich geworden sind.