Neues Theater Halle Neues Theater Halle: Rasante Verfolgungsjagd in wechselnden Verkleidungen
HALLE/MZ. - Denn was Lena Zipp, Jonas Schütte (der als einziger seine Rolle an diesem Abend nicht wechselt) und die beinah im Minutentakt in verschiedenen Kostümen auftretenden Herren Peter W. Bachmann und Andreas Range an diesem Abend boten, war wirklich erstklassig.
Regisseur Dietmar Rahnefeld gelingt der schwierige Spagat zwischen gelungenem Slapstick, altbackenen Witzen und volkstümlichen Platitüden wunderbar leicht, so dass ein breites Publikum seine Erwartungen erfüllt sehen darf. Die Handlung des Hitchcock-Klassikers ist schnell erzählt: Londoner Lebemann trifft in einer Westendshow neben dem Gedächtniskünstler Mr. Memory (folgerichtig erklingt "Cats" aus dem Off) auf eine schöne Spionin. Diese wird noch in der Nacht in seinem Apartment - Schlimmes ahnend ("Jetzt müsste gleich das Telefon klingeln") - hinterrücks erstochen. Nun muss Hannay, zu Unrecht verdächtigt, fliehen; die Reise treibt ihn bis ins schottische Hochmoor.
Dort begegnet er einem gewalttätigen Bauern und dem durchgeknallten Professor Jordan. Ebenjener ist ausgerechnet der Drahtzieher hinter einem ausländischen Spionagering. Über weitere Umwege kommt es schließlich erneut im Theater zum Showdown: Hannay hat verstanden, dass Mr. Memory des Rätsels Schlüssel sein muss, da nur er - zum "Wer wird Millionär"-Jingle - alle Fragen der Welt beantworten kann.
Spontane Interaktionen mit den Bühnentechnikern, der Bardame oder dem Publikum treiben Lachtränen in die Augen, etwa wenn der Polizist die ersten Reihen nach dem Gesuchten befragen soll und feststellen muss, dass da - in der zweiten Vorstellung - ja leider gar keiner sitzt. Und natürlich kann eine Dame allein das nötige weibliche Aufgebot nicht füllen; so müssen Range und Bachmann auch in die ein oder andere vollbusige Figur schlüpfen. Dabei dürfte Andreas Range als alterndes Partygirl seine Paraderolle gefunden haben.
Ebenso wandelbar und überraschend sind auch Bühne und Kostüme von Sabine Pommerening. So setzt sie einem Polizisten den Hitchcockschen Raben auf die Schulter und lässt ihre Schauspieler durch Wände oder unter Leitern hindurchgehen (wenn auch die Leitern 42 Stufen haben und damit andeuten, dass der Titel eher Mittel zur Handlung als eigentlicher Zweck ist!). Im kitschigen Weihnachtsschluss bekommt dann auch der Altmeister des britischen Suspense-Genres seinen Auftritt - als Babypuppenkopf.
Einzig die unmotivierte Hitler-Parodie hätte man sich schenken können, die bloße Jahreszahl, in der die Filmvorlage entstand (1935) kann das nicht rechtfertigen und eine Verbeugung vor Charlie Chaplin oder Bruno Ganz haben die Hallenser an so einem Abend nun wirklich nicht nötig. So bleibt am Ende das Gefühl, viele dieser einzelnen clownesken Nummern schon einmal gesehen zu haben. Aber die schiere Fülle der Einfälle und das rasant-frische, punktgenaue Spiel überzeugen ungemein. Bravo! Der Rest - denn auch Hamlet darf an einem ur-britischen Abend nicht fehlen - ist Schweigen.
Nächste Vorstellungen: 27. bis 30. Mai, jeweils 20.30 Uhr