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Neues Theater Neues Theater: Eichhorn bezaubert als Mr. Scrooge

Von Maria Böhme 03.12.2012, 20:15

Halle (Saale)/MZ. - Weihnachten? Humbug! Geschenke? Doppel-Humbug! Geschäftsmann Ebenezer Scrooge (Hilmar Eichhorn) fängt sofort an zu pumpen, wenn ihn jemand am Heiligabend mit dem Weihnachtsfest belästigt. In seinem Zuhause, also im Büro. Das Gesicht bleich, die Schultern hochgezogen, dunkle Brauen bilden Dreiecke über den Augen. Und der beleibte Herr in schwarzem Mantel und Melone mutiert zu einer Mischung aus dem bösen Schneemann aus "Tabaluga" und einem fiesen Frettchen.

Mit dem Scrooge aus der "Weihnachtsgeschichte" hat Charles Dickens (1812-1870) ein Ekel erster Güte geschaffen, das erst nach dem Besuch von drei Geistern am Weihnachtsabend erkennt, was für ein selbstgerechter, einsamer Egoist er ist. Mit Hilmar Eichhorn hat Regisseur Jörg Steinberg dieses (am Ende geläuterte) Ekel in der halleschen "Weihnachtsgeschichte" erstklassig besetzt. Am Sonntag feierte die Inszenierung im Saal des Neuen Theaters gleich zweimal Premiere - für Familien am Nachmittag und für große Kinder am Abend. Die Doppelbelastung schien dem Hauptdarsteller nichts auszumachen. Vielmehr drehte er zu späterer Stunde richtig auf.

Als Scrooge knallt er Sternensingern die Tür vor der Nase zu. Den todkranken Sohn seines Buchhalters lässt er in der Kälte auf seinen Vater warten. Und Almosen für arme Waisenkinder? Pah, der verbitterte Geschäftsmann ist überzeugt: Härte ist das Beste, was man am Heiligabend verschenken kann.

Der 58-jährige Eichhorn füllt die gesamte Bühne mit seiner Kraft aus. Von rechts nach links spielt sich der Schauspieler mit unglaublicher Lust durch das grüne mit schweren Holzmöbeln eingerichtete Büro, von dem aus die ganze Geschichte erzählt wird. Schreibtisch, Kamin, Schaukelstuhl - mehr braucht es zunächst nicht. Hinter den großen Fenstern rieselt leise der Schnee auf die Stadt - ein Bildschirm zeigt das winterliche Bewegtbild. Eichhorns Präsenz sorgt dafür, dass manch andere Figur im ersten Teil zum bloßen Stichwortgeber wird. Angestellte, Bittsteller, Nachbarn dienen lediglich dazu, Scrooge das Podium für seine Grausamkeiten zu bieten. Doch das macht rein gar nichts. Vor allem weil der Darsteller schnell einen ebenso raumgreifenden Akteur an die Seite bekommt: die Technik.

Es knallt, kracht, raucht - dass es den meisten Kindern eine Freude sein dürfte. Türen, Stühle, Glocken werden von Geisterhand bewegt. Mithilfe von schnell geschnittenen, animierten Filmen wurden die Zuschauer in Scrooges Gegenwart, Vergangenheit und Zukunft gebeamt. Und erst die Geister! Mit verzerrten Stimmen à la Darth Vader ("Star Wars"), Feuerwerk und allerlei Rauchentwicklung stand die Theaterproduktion den zahlreichen Verfilmungen der Weihnachtsgeschichte in nichts nach. Doch ohne den fantastischen Scrooge wäre das alles nur Chichi statt Magie.

"Die Weihnachtsgeschichte": Dienstag und Mittwoch jeweils 19.30 Uhr