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„Pseudopoesie“Niels Frevert in Richtung Deutsch-Pop unterwegs

Poppiger, elektronischer – der Singer-Songwriter aus Hamburg erfindet sich mal wieder neu.

Von Janina Heinemann, dpa 24.03.2023, 15:40
Niels Freverts erfindet sich auf „Pseudopoesie“ neu.
Niels Freverts erfindet sich auf „Pseudopoesie“ neu. Christian Charisius/dpa

Hamburg - Mit einem breiten Spektrum an Sounds - von träge-tragenden über hymnische bis hin zu deutlich poppig-elektronischen - verabschiedet sich Niels Frevert (55) mit seinem neuen Album „Pseudopoesie“ von seinem eher melancholischen Liedermacher-Image und macht einen weiteren Riesenschritt Richtung Deutsch-Pop.

Das liegt ganz einfach daran, dass sich der Musiker nie auf dem Status quo ausruhen will. „Ich hatte drei akustisch gehaltene Platten gemacht und nun musste mal etwas anderes passieren“, sagt der Hamburger. „Das hat aber auch mit den neuen Songs zu tun, denn sie geben den Sound vor. Ich wollte ein Album machen, das Bock bringt, live erlebt zu werden. Und so ist es ein tanzbares Album mit Action geworden.“

Tatsächlich singt Niels Frevert mit seiner rauen Kratzstimme in „Weite Landschaft“ zu zunächst getragenen, dann zunehmend treibenden, fast hektischen Beats darüber, dass wir alles zubauen. So heißt es in dem Refrain: „War mal ne weite Landschaft, bevor du sie runtergebrannt hast. War mal ne weite Landschaft, bevor du ein Hochhaus drauf gebaut hast.“

Keine passende Schublade

Auch „Fremd in der Welt“ ist ein unruhig hopsendes, grooviges Lied mit einem deutlich poppigen Refrain, in dem Niels Frevert singt: „Ich dreh mich im Kreis, dreh Pirouetten auf dünnem Eis“ und „ich sing ́ in einem Käfig, in dem der Algorithmus nicht greift“. Das klingt schon fast biografisch, denn der Songschreiber scheint nirgendwo so richtig dazuzugehören, in keine Schublade zu passen. Und abgesehen davon, dass er alle paar Jahre ein Album veröffentlicht und auf Tour geht, kriegt man wenig von ihm mit, weil er liebend gern in der Anonymität der Großstadt abtaucht, bis er wieder genug Geschichten gesammelt hat, die er vertont und auf einem neuen Album erzählt.

Trotz aller poppigen Neuerungen bleibt sich der Musiker aber in einer Hinsicht treu: Er würzt seine Songs mit der für ihn typischen Portion Melancholie. Paradebeispiel dafür ist „Träume hören nicht auf bei Tagesanbruch“, das zwar ebenfalls rhythmisch und mit Synthesizern daherkommt, aber nachdenklich und melancholisch feststellt: „nur weg von hier, es ist überall anders besser“. Dieser Song hat einen deutlichen biografischen Bezug. So sagt Niels Frevert: „Der Protagonist ist der junge F., für den das Songschreiben eine Insel geworden ist und den es wegzieht aus der Vorstadt. Er möchte in die Großstadt ziehen und etwas erleben. Auch ich habe mich relativ früh auf den Weg nach St. Pauli gemacht, um mich in der gefährlichen Großstadt umzugucken. Aber das Ganze ist eine Metapher für Träume, für Ziele, die man erreichen möchte. Etwas, das hoffentlich nie aufhört, auch mit zunehmendem Alter. Dass man nicht bequem wird und sich ausruht.“

Nicht stehenbleiben

Auch deshalb will er sich mit jedem neuen Album ein Stück weiterentwickeln, bloß nicht stehenbleiben. „Das setzt mich natürlich unter Druck, aber das ist gut, ich brauche das“, sagt Niels Frevert. Für „Pseudopoesie“ suchte er sich einen neuen Produzenten, den Berliner Tim Tautorat, mit dem er die Songs in nur sechs Wochen aufnahm. „Für mich ist das ein extrem kurzer Zeitraum“, sagt der Musiker. Doch das Arbeiten klappte hervorragend und „Berlin strahlt Energie aus und das merkt man dem Album an.“

Bunt wie das Leben und die Großstadt ist die Mischung aus dem melancholischen „Ende 17“, dem Gute-Laune-Lied „Tamburin“, das zum Tanzen anregt, und dem beinahe jazzigen „Klappern von Geschirr“. Für Liebhaber von kleinen Geschichten, guten Texten und abwechslungsreicher Musik ist „Pseudopoesie“ eine tolle Platte zum Reinhören, Entdecken und Nachfühlen.

„Pseudopoesie“ erscheint am 24. März bei Grönland Records, auf Tour geht Niels Frevert vom 19. April bis zum 20. Mai.