Musik Musik: Stern-Stunden aus Holz
HALLE/MZ. - Worauf er ihnen im vergangenen Jahr notgedrungen kündigen musste. IC Falkenberg hingegen, in den 80er Jahren und noch einmal ab 2002 Frontmann und Gesicht der DDR-Rocklegende, hat die Geschichte andersherum erlebt. Während der gebürtige Hallenser gemeinsam mit seinen Stern-Meißen-Kollegen Michael Behm, Alexander Procop und Frank Nicolovius und mit Einverständnis von Schreier an einem Unplugged-Programm zum 45. Jahrestag der Bandgründung probte, suchte Bandchef Schreier bereits Musiker, um seine Band personell neu zu formieren.
Den Namen "Stern Combo Meißen" hatte sich der neben Keyboarder Norbert Jäger von der Gründungsbesetzung übrig gebliebene Schlagzeuger vorsichtshalber bereits gesichert. Auch mit dem 1982 im Streit ausgeschiedenen DDR-Synthie-Papst Thomas Kurzhals hatte es bereits Gespräche um eine Rückkehr gegeben. Als das gekündigte Quartett dann enttäuscht und trotzig als "Stern Meißen akustisch" auf eigene Faust ausziehen wollte, drohten die Namensinhaber mit rechtlichen Konsequenzen. "Das war sehr enttäuschend für uns", beschreibt IC Falkenberg, als Ralf Schmidt in Halle geboren und aufgewachsen. So etwas passe zwar in die heutige Zeit, "ich hätte es aber nicht unbedingt in der Kunst erwartet".
Stern Meißen aber war immer Wandel, Veränderung, Neuanfang. Veronika Fischer startete ihre Karriere hier, ihr folgte der erdige Reinhard Fißler, der mit Rockdramen wie "Kampf um den Südpol" Riesenerfolge feierte. Anfang der 80er orientierten sich die Sterne neu: Mit IC Falkenberg begann der Rock-Dinosaurier zu tanzen, die Songs wurden kürzer und rhythmischer, das Publikum jünger. Nach der Wende kehrte Fißler zurück, bis es ihm seine schwere ALS-Erkrankung unmöglich machte, weiter aufzutreten. Für ihn kehrte IC Falkenberg zurück, inzwischen als Solo-Künstler sehr erfolgreich.
Nun sind da zwei Sterne am Firmament. Hier Martin Schreiers Stern-Combo, von den Fans nur liebevoll "SCM" genannt, die mit drei neuen Musikern und dem neuen Sänger Michael "Larry" Brödel (ehemals Karussell) die alten Lieder auf die alte Art spielt. Und dort die neue Gruppe mit den alten SCM-Musikern, die das Stern-Erbe auf dem Album "Wir sind die Sonne" (Buschfunk) völlig neu und ungewohnt zum klingen bringt.
"Stern akustisch" heißt das Unternehmen - ein Name, nahe dran am Original, und doch erkennbar neu. So ähnlich verhält es sich auch mit der Musik, die das durch Gitarrist Michael Lehrmann verstärkte Quintett spielt. Waren es bei Stern Meißen immer die Keyboards und Orgeln, die den Sound prägten und der Band den Ruf der DDR-Yes einbrachten, so fehlen die schwebenden Klänge hier ganz. Statt dicker Keyboardwände gibt es locker getupfte Gitarren, statt wuchtiger Elektrobässe einen tänzelnden Kontrabass.
Klassikern wie "Also was soll aus mir werden" bekommt die Frischzellenkur hervorragend, die bei einer Probe erfunden wurde. "Wir haben die guten alten Songs improvisiert", erinnert sich IC Falkenberg, "und euphorisch festgestellt: Wow, klingt ja interessant!"
Tut es auch auf CD. Lieder wie das Südpol-Stück aus der Fißler-Ära stehen neben Hits aus der IC-Zeit und alles passt, als wäre es nie anders gewesen. "Was fang ich an" hat südländisches Flair, "Schnee und Erde" ist auf Piano und zweistimmigen Gesang reduziert, "Taufrisch" wirkt lakonischer und stimmiger als das elektrische Original: War Stern-Musik früher aus Draht und Eis, klingt sie jetzt nach Holz und Wärme.
"Wir wollen die schönsten Stern-Meissen-Songs nicht nur abspecken, sondern neu erfinden", beschreibt IC Falkenberg die Absicht hinter der Neueinspielung, die den klassischen Stücken ein neues Leben eröffnen sollte. Operation gelungen. Musik lebt.
Stern akustisch am Freitagabend live in der EasySchorre, Karten unter 212240